PIWI-Weine

PIWI-Weine haben nichts mit Mathematik zu tun, auch nichts mit neuseeländischen Laufvögeln. PIWI-Weine sind eine zukunftsweisende Antwort auf die Herausforderungen des Klimawandels und leisten einen wertvollen Beitrag zum Umweltschutz.

Was sind PIWI-Weine?

Ob man es mag oder nicht, ohne einen Mindesteinsatz von Pflanzenschutzmaßnahmen ist Weinbau auf hohem Qualitätsniveau nicht möglich. Die Gefahr von Mehltau (echter bzw. unechter Mehltau), Schwarzfäule etc. lauert immer. Selbst im biologischen Anbau, wo chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel tabu sind, kommen Schwefel- und Kupferpräparate zum Einsatz – mit Folgen für Boden und Umwelt.

PIWI-Weine sind Weine, die gegen eine oder mehrere Pilzkrankheiten resistent sind. Dabei ist „resistent“ nicht absolut zu verstehen – doch moderne Züchtungen bieten immer bessere Ergebnisse. Dank gezielter Selektion und genetischer Forschung konnten neue Sorten so entwickelt werden, dass sie den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln um bis zu 90 % reduzieren.

Wie werden diese neuen Sorten entwickelt

Das ist die Sache mit den Bienchen und den Blümchen:

Pollen einer resistenten Rebe werden auf die Blüte einer anderen Rebsorte gegeben. Die daraus entstehenden Samen haben genetisches Material beider Reben. Aus diesen Samen werden dann Reben gezogen, die mehrere Tests durchlaufen, z.B. zur Resistenz, aber auch zum Wuchsverhalten sowie zu Geschmack und Aroma der Trauben. Es folgen größere Feldversuche, und wenn diese erfolgreich verlaufen, werden die neuen Sorten zur Zulassung angemeldet. Die Zulassung erfolgt in Deutschland durch das Bundessortenamt.

Was haben PIWI-Weine mit Klima- oder Umweltschutz zu tun?

Mit Klimaschutz zunächst nichts. Wohl aber als Antwort auf die Klimaveränderungen.

Klima

Die Veränderung des Klimas schafft tendenziell bessere Bedingungen für Pilzbefall. Seien dies jetzt die etwas wärmeren Temperaturen oder die zunehmende Luftfeuchtigkeit. Beides erhöht das Risiko des Pilzbefalles.

Auf die eine oder andere Art muss hier der Winzer also gegenhalten. Die eine Art wäre, dass mehr Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, die andere Art wäre, dass man Rebsorten verwendet, die weniger anfällig sind.

Umweltschutz

Neben dem konventionellen Weinbau gibt es auch verschiedene Ausrichtungen biologischen Weinbaus. Hier wird auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel verzichtet.

Stattdessen wird beispielsweise mit Kupfer- und Schwefelpräparaten gearbeitet. Zusätzlich werden Pflanzenstärkungsmittel ausgebracht, um die Reben widerstandsfähiger zu machen. Eine gute Laubarbeit zur besseren Durchlüftung ergänzt die Maßnahmen.

Aber auch diese Maßnahmen führen zu einer höheren Bodenbelastung (z.B. mit Kupfer). Außerdem ist dies arbeitsintensiver und führt aufgrund häufigerer Durchfahrten mit schweren Maschinen zu einer höheren Bodenverdichtung sowie zu höherer CO2-Belastung.

Insgesamt ergibt es also Sinn, wenn statt zusätzlicher Maßnahmen zur Bekämpfung des Pilzbefalles die Reben bereits aus sich heraus resistenter sind.

Schmecken PIWI-Weine?

Es gab frühere Züchtungen, die geschmacklich nicht überzeugen konnten. Aber heute verfügbare Sorten stehen den klassischen Sorten in nichts nach. Ein gutes Beispiel ist der Cabernet Jura, der in seiner Aromatik deutliche Parallelen zum Cabernet Sauvignon aufweist.

PIWI-Weine unterscheidet von anderen Weinen nichts – außer dass sie besondere Eigenschaften in Bezug auf Widerstandsfähigkeit gegen Pilzbefall haben. Da sie weniger Chemie benötigen, um gesund zu reifen, sind sie im Zweifel vielleicht sogar den Nicht-PIWIs vorzuziehen.

Wie gut sie schmecken, erlebte ich erstmals im Rahmen eines wineBANKers Table im Weingut Balthasar Ress. Sehr gefallen, neben anderen, hatte mir der dort präsentierte Sauvignac, eine Kreuzung aus Riesling, Sauvignon blanc und einer weiteren, nicht näher spezifizierten pilzwiderstandsfähigen Rebsorte. Ein Weißwein mit schönen Aromen von Apfel und Aprikose.

Welche PIWI-Sorten gibt es denn?

Die Namen mancher PIWI-Weine sind an die Namen der Elternreben angelehnt, andere sind völlig neu. Hier die zehn meistangebauten weißen und roten PIWI-Sorten in Deutschland (Quelle: Die Top 10 unter den PIWIs – Flächenentwicklung im Detail – PIWI International, Der Badische Winzer, Ausgabe Dezember 2023/ Januar 2024)

Wo stehen wir?

PIWI-Weine sind eine intelligente Antwort auf den Klimawandel und bieten zahlreiche Vorteile: Sie sind umweltfreundlicher, reduzieren den Arbeitsaufwand und senken die Kosten im Weinbau. Gleichzeitig bereichern sie die geschmackliche Vielfalt der Weinszene.

Obwohl es PIWIs schon sehr lange gibt, sind sie noch nicht weit verbreitet. Im Jahre 2020 lag der Anteil der PIWI-Anbaufläche im Rheingau nach Angaben des Weinbauamtes Eltville bei unter 0,5%. Die Bergstraße ist da mit einem Anteil von 3,54% schon deutlich weiter.

Mein Fazit:
Die PIWI-Weine haben einen langen Weg hinter sich, aber auch noch einen langen Weg vor sich.

Weinherstellung, erklärt in 5 Minuten

Weinherstellung, erklärt in 5 Minuten

Einleitung

Wein – ein Genussmittel mit Jahrtausende alter Tradition. Doch wie genau entsteht eigentlich Rotwein oder Weißwein? Falls Sie sich das schon immer gefragt haben, sind Sie hier genau richtig. In nur fünf Minuten erfahren Sie das Grundlegende zur Weinherstellung. Damit sind Sie bereits für leicht gehobene Party-Gespräche zur Weinherstellung gerüstet.

Die Grundlagen der Weinherstellung

Die Herstellung von Wein ist ein faszinierender Prozess, von der Lese der Trauben bis zur Abfüllung und genau genommen auch darüber hinaus. Dabei gibt es ein paar wesentliche Unterschiede zwischen Rot- und Weißwein. Hier ist der schnelle Überblick:

  • Rotwein: Wird aus dunklen Trauben gewonnen, die mit Schale und Kernen vergoren werden.
  • Weißwein: Stammt regelmäßig von weißen Trauben (Ausnahme: Blanc de Noir), der Saft wird direkt nach dem Pressen von Schalen und Kernen getrennt.

1. Die Weinlese – Der perfekte Zeitpunkt zählt

Die Qualität eines Weins beginnt im Weinberg. Die Trauben werden zum optimalen Reifezeitpunkt geerntet, entweder per Hand oder maschinell. Dabei spielen Zucker- und Säuregehalt eine entscheidende Rolle. Eine späte Lese kann beispielsweise zu höherem Zuckergehalt und damit zu einem höheren Alkoholgehalt führen.

Weinherstellung, erklärt in 5 Minuten

2. Pressen und Maischegärung – Die großen Unterschiede

Die Verfahren bei der Weinherstellung kann man ganz grob wie folgt unterscheiden:

  • Rotwein:
    Die geernteten Trauben werden gepresst, sodass die Maische (Saft, Schalen, Kerne) entsteht. Die alkoholische Gärung erfolgt direkt auf der Maische, meist in offenen Gärbehältern aus Edelstahl, Holz oder Beton.

    Durch die aufsteigende Kohlensäure steigt der sogenannte Tresterhut (die festen Bestandteile der Maische) an die Oberfläche und muss regelmäßig untergestoßen werden, um eine optimale Extraktion zu gewährleisten.

    Nach der gewünschten Extraktion wird die Maische abgepresst, und der Jungwein kommt zur weiteren Reifung in Fässer oder Tanks.

  • Weißwein: Die Trauben werden direkt nach der Lese gepresst, und nur der Saft wird vergoren, um die helle Farbe zu erhalten.

3. Die Gärung – Hefe macht den Alkohol

Hier kommt die Magie ins Spiel: Die zugesetzte oder natürliche Hefe wandelt den Zucker in Alkohol um. Dies kann in Edelstahltanks oder Holzfässern oder offenen Gärbottichen geschehen und dauert zwischen wenigen Tagen und mehreren Wochen. Während der Gärung entstehen neben Alkohol auch Kohlensäure und zahlreiche Aromastoffe.

4. Malolaktische Gärung – Bakterien reduzieren die Säure

Eine besondere Rolle spielt die malolaktische Gärung, ein biologischer Säureabbau, bei dem scharfe Apfelsäure in mildere Milchsäure umgewandelt wird.

Dieser Prozess erfolgt ggf. im Nachgang zur alkoholischen Gärung und wird durch spezielle Milchsäurebakterien verursacht. Für diesen Prozess werden Temperaturen ab etwa 20°C benötigt.

Besonders bei Rotwein sorgt dies dafür, dass dieser keine Säurespitzen, sondern eine ausgewogene Fülle hat. Das Verfahren wird jedoch auch bei bestimmten Weißweinen wie Chardonnay angewandt, um ihnen mehr Cremigkeit zu verleihen.

Diese Cremigkeit stößt nicht bei allen Weintrinkern auf Gegenliebe, in manchen Fällen wird der Wein als etwas „buttrig“ im Geschmack empfunden. Doch das nur am Rande.

5. Übergang zur Reifung – Wenn der Wein sich entwickelt

Nach der Gärung des Weines ist dieser oft noch etwas ungestüm. Deswegen schließt sich an die Gärung regelmäßig noch die Reifung des Weines in Fässern oder in der Flasche an. Hier verändert sich der Wein nicht mehr durch alkoholische Gärung, sondern durch den Kontakt mit (wenig) Sauerstoff, Hefe und dem verwendeten Behälter (Edelstahl, Holzfass oder Flasche). Säure und Tannine werden besser eingebunden, der Wein entwickelt weitere Aromen. Im Ergebnis bekommt man:

  • Junge, frische Weine, die nur kurz im Edelstahltank gereift sind.
  • Komplexe Weine, denen eine lange Reifung in der Flasche richtig gut tut.
  • Weine, die im Holzfass reiften, oft Rotweine, die dadurch ein ausgeglicheneres Verhältnis von Säure, Tanninen und Frucht bekommen.

Als Beispiel habe ich hier einen Link zu einem Beitrag, in dem ich auf die Auswirkung unterschiedlicher Flaschenverschlüsse, in Verbindung mit Säure- und Restzuckergehalt auf den Charakter des Weines eingehe.

6. Filtration, Abfüllung und Genuss

Bevor der Wein in die Flasche kommt, wird er oft geklärt und gefiltert. Bei der Filtration sollen Trubstoffe, Hefezellen und sonstige unerwünschte Partikel vom Wein getrennt werden. Zum Einen wird der Wein dadurch klarer, zum Anderen wird dadurch verhindert, dass im Nachgang weitere unerwünschte chemische Prozesse stattfinden.

Risiko ist dabei aber auch, dass ggf. erwünschte Geschmacksträger herausgefiltert werden. Wie so oft im Leben, sollte also mit den Möglichkeiten, die man hat, sorgsam umgegangen werden.

Eine Alternative zur Filtration ist der sogenannte Abstich. Man gibt dem Wein die Zeit, bis sich die Feststoffe abgesetzt haben und zieht dann den Wein oberhalb der Feststoffe ab. Dies wird einige Male wiederholt und ist ein etwas schonenderes Verfahren als die übliche Filtration.

Weinherstellung, erklärt in 5 Minuten

Fazit – Weinherstellung erklärt in 5 Minuten

Ob Rot- oder Weißwein – die Kunst der Weinherstellung verbindet Handwerk, Natur und Geduld. Das Zusammenspiel von Trauben, Lesezeitpunkt, Gärung und Reifung hilft zu verstehen, warum ein Wein jung und spritzig oder gereift und vielschichtig schmeckt.

Ich hab versucht, den gesamten Prozess kurz und bündig darzustellen. Wer gerne etwas tiefer einsteigen will, der findet sicher hier oder auch hier oder woanders weitere Informationen zu Wein und Weinherstellung.

VDP.Rheingau meets California am 02.März 2025

California und VDP.Rheingau

Immer wieder ein Erlebnis: Die Weinpräsentationen der VDP.RHEINGAU-Weingüter mit Partner-Weingütern aus aller Welt. Diesmal: Kalifornien.

Im beeindruckenden historischen Ambiente des Laiendormitoriums des Kloster Eberbach präsentierten sich am Sonntag, dem 02. März 2025 Traditionsweingüter aus dem Rheingau und Spitzenwinzer aus Kalifornien.

Die Mischung aus geschichtsträchtigem Ambiente und hervorragenden Weinen macht diese Weinpräsentation immer wieder besonders. Rund 65 Weingüter aus dem Rheingau und Kalifornien boten eine vielfältige Auswahl – von eleganten Rieslingen aus dem Rheingau bis hin zu kraftvollen Spätburgundern und beeindruckenden kalifornischen Cabernet Sauvignons und Chardonnays.

California

Die kalifornischen Weingüter, darunter renommierte Namen wie Ridge, Robert Mondavi und Silver Oak, beeindruckten mit charakterstarken und fruchtbetonten Weinen. Neben Cabernet Sauvignons aus Napa Valley mit ihrer erwartbaren Intensität und Fülle interessierten mich aber eher die kalifornischen Spätburgunder.

California und VDP.Rheingau

VDP.Rheingau

Die Weingüter des VDP.Rheingau bestachen auf ihre eigene Art. Mit ihren brillanten Rieslingen und Spätburgundern zeigten sie eindrucksvoll, warum diese Region weltweit so geschätzt wird. Weingüter wie Schloss Johannisberg, Robert Weil, Spreitzer oder Künstler bewiesen, dass deutsche Weine in Sachen Eleganz und Komplexität zur Weltspitze gehören.

Was ich spannend fand

Besonders interessant war für mich der direkte Vergleich der Pinot Noirs aus beiden Regionen. Hier kommt es nicht in erster Linie auf Kraft und Opulenz an, sondern auf Finesse und eine gewisse Eleganz. Und nach meinem völlig unrepräsentativen Vergleich kalifornischer und Rheingauer Spätburgunder kann ich sagen: Es ist wirklich eine Menge Schönes dabei, auf beiden Seiten.

Abschließend

Diese Weinpräsentationen des VDP.Rheingau mit Partnerregionen sind gute Gelegenheiten, um mal zu schauen, welche Weine jenseits deutscher Grenzen angebaut werden.

Sie ermöglichen spannende Vergleiche und eröffnen neue Perspektiven auf verschiedene Anbaugebiete und ihre typischen Weine.

Mein Wein des Monats November 2024

Das 5. Sparkling-Festival Anfang November diesen Jahres in Mainz beeindruckte mich in mehrerlei Hinsicht. Einerseits fand ich es toll, was Gerhild Burkard und ihr Team da auf die Beine gestellt hatten: Gerhild ruft und 80 Winzer aus 12 Ländern antworten und präsentieren ihre feinen Sekte. Und das Ganze in einem schönen kurfürstlichen Rahmen.

Interessant fand ich auf dieser Sektmesse die unterschiedlichen Sichtweisen dazu, wie reif die Trauben sein dürfen, um sie im Anschluss zu Sekt zu verarbeiten. Die einen wollen die Trauben vergleichsweise früh lesen, um daraus nicht zu alkoholbetonte und gleichzeitig sowohl spritzige als auch fruchtige Sekte herzustellen. Anderen ist es wichtig, den Trauben mehr Zeit zur Reife geben. Am Ende wird der Geschmack des Kunden entscheiden, was bei ihm besser ankommt.

Dann war da noch die „Methode Rurale“. Kannte ich bisher nicht, bin ja kein Geisenheimer. Für mich gab´s bei Sekt immer zwei Gärungen. Auf die „Methode Rurale“ stieß ich am Stand des Weingutes Motzenbäcker by Marie Menger-Krug. Da das Verfahren so grundsätzlich anders ist (nur eine Gärung, ggf. kein Degorgieren), war mein Interesse geweckt. Der nächste Wein des Monats sollte ein Sekt, hergestellt nach der „Methode Rurale“, sein.

Am 23. November 2024 besuchten wir das Weingut Motzenbäcker in Deidesheim und hatten das Glück, sogleich an einer Wein- und Sektverkostung teilnehmen zu können. Und es war direkt der erste Sekt dieser Verkostung, der mein Wein des Monats November 2024 werden sollte: Der „Royal Rosé Rurale Brut“.

Wir haben den Sekt natürlich auch noch einmal zu Hause verkostet. Manchmal erlebt man Überraschungen, wie unterschiedlich Wein oder Sekt schmeckt, je nachdem, ob man ihn im Rahmen einer anregenden Veranstaltung oder dann zu Hause genießt. In diesem Fall gab es keine Überraschungen.

Hier nun das Verkostungsprotokoll:

Die Farbe:
Der Sekt hat ein klares Lachsrosa ohne Trübung. Daran kann man erkennen, dass er degorgiert wurde. Das ist zwar bei der Methode Rurale untypisch, ist aber optisch ansprechender.

Der Duft:
Der Duft ist vielschichtig und einladend. Neben leichten Brioche-Tönen finden wir reife Erdbeeren und feine Vanillenoten.

Der Geschmack:
Aromatisch fruchtig, neben Erdbeeren schmeckt man dunkle Kirschen. Hinzu kommen kräutrige Nuancen und eine ganz zarte Ahnung von Tanninen. Die feine Perlage verleiht dem Sekt Cremigkeit, die Fruchtnoten klingen in einem langen Abgang nach.

Fazit: Für mich ein faszinierender Sekt, bin ich doch bei Rosé-Sekten sonst eher zurückhaltend. Aber dieser hat eine ursprüngliche Fülle, die mir gefällt.

Sekt: Ist der „trocken“ oder eher „mild“?

Auf diese Frage würde ich antworten: „Weder noch.“ Wahrscheinlich würde ich dann noch hinzufügen: „Er ist brut“. Kann auch sein, dass ich sage: „Er ist „extra brut“. Irgendwas in dieser Art. Vermutlich würde ich nicht sagen: „Er ist sogar extra trocken“.

Genug geplaudert. Was bedeutet das nun. Von was reden wir hier?

Sekt kann man, ähnlich wie Stillwein, nach dem Zuckergehalt klassifizieren. Und zwar, wie beim Stillwein, definiert durch EU-Verordnung.

Der Restzuckergehalt gibt an, wie viel Zucker nach der Gärung noch im Sekt vorhanden ist. Bei den „süßeren“ Varianten wird aber regelmäßig über die sogenannte Dosage zusätzlicher Zucker zugegeben. Deswegen spreche ich in diesen Fällen nicht von Restzucker, sondern von Zucker.

Und den Begriff „trocken“ werden wir im Folgenden noch etwas diskutieren. Hier nun die Klassifizierung gemäß EU-Verordnung.

1. Brut Nature (0–3 g/l Restzucker):

Man kann sagen, „brut nature“ ist die trockenste Form des Sekts, obwohl „trocken“ in dieser Klassifizierung anders definiert ist. Aber ich denke, es ist klar, was gemeint ist.

Diesem Sekt darf nach der zweiten Gärung kein zusätzlicher Zucker hinzugefügt werden.

Nach meiner Einschätzung ist Riesling-Sekt brut nature kein Sekt für Sekt-Beginner. Würde Sekt-Beginnern sogar davon abraten.

2. Extra Brut (0–6 g/l Zucker):

Extra Brut enthält ein klein wenig mehr Zucker, ist aber immer noch extrem trocken. Eignet sich somit eher für Sekttrinker, die es „staubtrocken“ mögen.

3. Brut (0–12 g/l Zucker):

„Brut“ bietet einen guten Kompromiss zwischen der z.B. für den Riesling so typischen Säure und etwas Süße. In dieser Klasse findet man schöne Sekte (z.B. hier oder hier), die auch Menschen gefallen können, die nicht regelmäßig Rheingauer Sekte trinken.

4. Extra Dry/Extra Trocken (12–17 g/l Zucker):

Aus meiner Sicht ist der Begriff „extra trocken“ für Sekt-Beginner irreführend. Wenn diese den Sekt für sich selber kaufen, ist das aber tendenziell eine gute Wahl. Wenn mir allerdings jemand etwas zum Geburtstag mitbringen möchte, dann darf es gerne aus den ersten drei Kategorien sein.

5. Dry/ Trocken (17–32 g/l Zucker):

Trocken hat beim Sekt ein breites Spektrum. Ein trockener Sekt ist deutlich süßer als ein trockener Wein. Um auf die Eingangsfrage zurückzukommen: „Ist der Sekt trocken oder eher mild?“ Meine Antwort wäre: „Beides.“

6. Demi-Sec/Halbtrocken (32–50 g/l Zucker):

Halbtrockenen Sekt trinke ich am liebsten mit O-Saft. Gerne trinke ich dann auch den O-Saft pur.

7. Doux/mild (über 50 g/l Zucker):

Dies ist die süßeste Kategorie. Solche Sekte eignen sich beispielsweise als Dessertsekt.

Hier wieder eine kleine Anmerkung: Die EU-Verordnung lässt auch im Falle von Schaumweinen gegenüber den Angaben auf dem Etikett Abweichungen beim Zuckergehalt zu. Und zwar bis zu 3 g/l. Wenn also jemand andere Grenzwerte kennt, dann sind die vielleicht trotzdem korrekt.

5. Internationales Sparkling Festival

„Das 5. Internationale Sparkling Festival in Mainz ist die weltweit führende Messe der Schaumweinkunst. Im Kurfürstlichen Schloss in Mainz versammeln sich über 80 herausragende Weingüter aus 12 verschiedenen Ländern. Mit mehr als 220 erstklassigen Schaumweinen aus dem Premiumbereich ist diese Konzentration von Spitzen-Schaumweinen einzigartig und macht die Veranstaltung zu einem unvergleichlichen Highlight in Europa.“ (Zitat)

Internationales Sparkling Festival
Eingang zum Kurfürstlichen Schloss in Mainz.
Am 03.11.2024 öffnete das Festival um 11.30 Uhr für das Fachpublikum. Die offizielle Begrüßung und Eröffnung durch die Organisatorin Gerhild Burkard, den Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium, Andy Becht, sowie die Wirtschaftsdezernentin der Stadt Mainz, Manuela Matz, fand in lockerer Stimmung erst gegen 13:30 Uhr statt. Hier das anschließende „Familienfoto“.

Südafrika ist vertreten.
England ist vertreten.
Frankreich sowieso. Im Bild: Gaston Collard.
Deutschland natürlich auch, z.B. Motzenbäcker by Marie Menger-Krug. Marie Menger-Krug ist begeisterte Anhängerin der Methode Rurale.

Und hier im Bild die sechs in einer weiteren Masterclass verkosteten deutschen Sekte.

Wer zwischendurch etwas essen wollte, konnte sich etwas an der Käsetheke bestellen oder beim Food Truck im Hof des Kurfürstlichen Schlosses. Der klare Favorit an der Käsetheke: Der Löffelgorgonzola.
Zufriedener Blick zurück. Danke und Glückwunsch an Gerhild Burkard und ihr Team sowie alle Mitwirkenden für dieses tolle Event.

Mein Wein des Monats Oktober 2024

Jeder Vergleich hinkt irgendwie. Sich mit anderen vergleichen, kann frustrierend sein. Gar Vergleiche innerhalb der Familie ziehen, hat erhebliches Konfliktpotenzial. Ich mache das hier trotzdem.

Mein Wein des Monats Oktober 2024 ist der Hochheimer Hölle Riesling Erstes Gewächs 2016 des Weingutes Dienst in Hochheim und damit der jüngere Bruder meines Wein des Monats Oktober 2023, dem 2010er Hochheimer Hölle Riesling Erstes Gewächs.

Nun sind die beiden Jahrgänge nicht nur sechs Jahre auseinander, sondern waren auch für den Weinbau unterschiedlich herausfordernd. 2010 war insgesamt kühler und verregneter und brachte Weine hervor, die etwas säurebetonter waren. Das ist für die Lagerfähigkeit, und dann auch für die Entwicklung komplexerer Aromen, nicht verkehrt. 2016 fing ebenfalls regnerisch an, ab Mitte des Jahres wurde das Wetter stabiler und es blieb mild bis in den Herbst hinein. Das brachte im Vergleich zu 2010 ausbalanciertere Weine.

Soviel zu den theoretischen Unterschieden zwischen den Jahrgängen. Und nun zum Genussprotokoll:

Vorweg: Was beide Weine gemeinsam haben (außer Lage und Winzer) ist, dass beide gehaltvoll sind, schöne Kirchenfenster machen… und jetzt kommen die Unterschiede.

Die Farbe
Nicht honiggelb, sondern gelb mit deutlichem Grün-Anteil. Und so erwarte ich auch nicht diese ölig-süße Ausprägung, die der ältere Bruder hat.

Der Duft
Im Duft finden sich Zitrusfruchtaromen, Cantaloupe-Melone, Erdbeere, dazu ein Hauch von Honig. Keine Anzeichen ausladender Süße.

Der Geschmack
Im Geschmack kommen Pfirsich und die leichte Bitterkeit von Pampelmuse zu den vorgenannten Duftnoten hinzu. Die Säure ist präsent, aber nicht überschießend.

Fazit: Der Hochheimer Hölle Riesling 1. Gewächs 2016 ist ein schöner komplexer Wein. Er wirkt erstaunlich jung, spritzig und fruchtig. Er hat erkennbares Alterungspotenzial. Und vielleicht bespreche ich ihn in zwei oder drei Jahren erneut. Mal sehen, riechen, schmecken, was wir dann im Glas haben.

Was heißt hier trocken?!

Die VDP-Klassifikation orientiert sich bekanntlich an den Lagen: Je feiner die Lage, desto feiner der Wein. Diese Klassifikation – unterteilt in Gutswein, Ortswein, Erste Lage und Große Lage – gilt jedoch ausschließlich für trockene Weine.

Aber nicht alle Weine sind trocken, und daher stellt sich die Frage: Was gibt es denn da noch und wie ist das eigentlich definiert?

Zunächst hängt die Einstufung eines Weins als trocken, halbtrocken, lieblich oder süß allein vom Restzuckergehalt ab. Doch es gibt Ausnahmen. Dazu kommen wir gleich.

Die Klassifizierung nach Restzucker ist größtenteils durch EU-Verordnung geregelt, auf die auch die deutschen Vorgaben, wie beispielsweise die Weinverordnung, Bezug nehmen.

  • Trocken (bis zu 4 g/l Restzucker): Weine, die als „trocken“ gekennzeichnet werden, weisen einen sehr niedrigen Restzuckergehalt auf. Die Hefen haben also fast den gesamten Zucker in Alkohol umgewandelt. Der Restzuckergehalt liegt regelmäßig bei maximal 4 Gramm pro Liter. Allerdings sind bis zu 9 g/l erlaubt, wenn der Restzuckergehalt den Gesamtsäuregehalt um nicht mehr als 2 g/l übersteigt. Damit hätten wir eine der Ausnahmen.
  • Halbtrocken (4–12 g/l Restzucker): Der Restzuckergehalt halbtrockener Weine liegt zwischen 4 und 12 Gramm pro Liter. Auch hier gibt es eine Ausnahme (bis 18 g/l Restzucker) in Abhängigkeit vom Gesamtsäuregehalt des Weines.
  • Lieblich (bis 45 g/l Restzucker): Lieblich bezeichnet Weine, die deutlich süßer als halbtrockene Weine sind, ohne jedoch die Süße eines Dessertweins zu erreichen. Sie finden Verwendung in Kombination mit fruchtigen Nachspeisen oder als Aperitif.
  • Süß (ab 45 g/l Restzucker): Süßweine haben den höchsten Restzuckergehalt und werden oft aus überreifen oder edelfaulen Trauben hergestellt. Ihre Aromen kommen in besonderem Maße zur Geltung zusammen mit Desserts oder kräftigen Käsesorten.

In der Definition von „trocken“ und „halbtrocken“ hatten wir die Ausnahme erwähnt, dass der Restzucker höher sein darf, wenn der Säuregehalt ebenfalls relativ hoch ist. Das erklärt sich daraus, dass ein hoher Säuregehalt die wahrgenommene Süße geschmacklich ausgleichen kann.

Eine besondere Variante dieses Zusammenspiels von Säure und Restzucker findet sich bei den „Classic“-Weinen, die einen Restzuckergehalt von höchstens 15 g/l aufweisen dürfen, wobei dieser nicht mehr als das Doppelte des Gesamtsäuregehalt ausmachen darf.

Klingt knifflig, schmeckt mir mit zunehmendem Alter aber immer besser.


Mein Wein des Monats Juli 2024

Wie in meinem Beitrag vom 07. Juli 2024 angedeutet, möchte ich diesmal zwei Weine vorstellen. Kennengelernt habe ich die beiden Weine Anfang Juli 2024 bei einer Weinprobe auf Gut Hermannsberg. Beide Weine sind als Gutsweine deklariert, kommen aber sehr unterschiedlich daher, auch im Preis.

Gut Hermannsberg ist an der Nahe gelegen und VDP-Mitglied. Sämtliche sieben Lagen des Weingutes sind Große Lagen. Insofern besteht hier das Potenzial, dass auch die Gutsweine, die ja aus Weinen der eigenen Lagen bestehen, von besonderer Qualität sind.

Wein des Monats Juli 2024
Gut Hermannsberg – rechts der Gastronomie- und Hotelbereich sowie der Weinkeller. Das auffällige Kupferdach des Weinkellers ist in Richtung der Lage Kupfergrube ausgerichtet.

Kommen wir zu den beiden Weinen. Wie gesagt, beide als Gutsweine deklariert, aber von sehr unterschiedlicher Art.

2022 JUST Riesling
Ein frischer Wein für sommerliche Tage, sehr gefällig. Auf der Homepage von Gut Hermannsberg wird er als „saftig und animierend“ beschrieben. Etwas reißerisch, aber sehr treffend, wie ich finde.

Schon im Duft zeigt sich ein Spiel verschiedener Fruchtnoten, Ananas, grüner Apfel, eine gewisse Mineralik. Keine Noten von sogenannten „reifen Früchten“. Das Spiel knackiger Früchte korrespondiert mit einer frischen Säure.

Die Säure trägt dazu bei, dass er seine Spritzigkeit und Frische auch dann behält, wenn er im Sommer auf der Terrasse mal etwas wärmer wird.

Fazit: Ein unkomplizierter Gutswein und guter Botschafter der Nahe-Rieslinge.

2023 Steinterrassen Riesling
Jetzt wird es komplizierter. Der 2023 Steinterrassen Riesling ist auch ein Gutswein. Aber ganz anders. Er ist eine Selektion aus drei großen Lagen: 80% der Monopollage Rossel, 10% Steinberg, 10% Rotenberg. Da eine Lagen-Cuvée in der VDP-Klassifikation nicht vorgesehen ist, ebenso wenig wie eine Orts-Cuvée, wird dieser Wein als Gutswein ausgewiesen. Aber die Verarbeitung entspricht weitgehend der der Großen Gewächse. Ertragsreduzierung auf 40 hl und selektive Handlese. Anders als beim JUST Riesling werden hier die Trauben alter Reben verwendet, der Wein wird nach dem Pressen einige Stunden auf der Maische stehen gelassen und kann so weitere Aromen aufnehmen. Abgerundet wird das Ganze durch den Ausbau im Halbstück, einem 600 l-Holzfass. Dieser Wein ist eine Selektion aus drei Großen Lagen und wird auch so hergestellt.

Im Duft finden wir Honigmelone, Birne, Pfirsich, aber auch würzige Noten, eingehüllt in einen ganz zarten Schleier von Limetten.

Beim Trinken entfaltet sich die Mineralik des Weines, die Säure ist nicht dominant, sondern gut eingebunden, und unterstützt den dichten Gesamteindruck.

Im Nachklang verbleibt ein ausgewogenes Spiel von Mineralik, Würze und Noten reifer Früchte.

Aber so schön es ist, diesen Wein jetzt zu trinken. Eigentlich sollte man sich den Wein zurücklegen. Der Wein ist eine handverlesene Selektion Großer Lagen. Er wird mit den Jahren immer besser werden.

Ihn jetzt schon zu trinken ist vergleichbar damit, dass Sie ein Sparzertifikat mit 5 Jahren Laufzeit und jährlich steigenden Zinsen kaufen und es direkt nach einem Jahr kündigen. Sie kriegen zwar ihr Geld zurück, aber es wäre viel mehr drin.

Ich jedenfalls möchte mir davon ein Kistchen zurücklegen und über die Jahre verteilt immer wieder mal eine Flasche aufmachen.

Mein Wein des Monats Juni 2024

Diesen Monat wieder einmal etwas vom Kloster Eberbach. Ich hatte im April bereits einen Riesling Sekt brut des Kloster Eberbach aus den klösterlichen Weinbergslagen der Bergstraße vorgestellt. Nun liegt das Kloster selbst im Rheingau. Und irgendwie entwickelte sich bei mir der Gedanke, was Schönes vom Kloster Eberbach vorzustellen, das im Rheingau gewachsen ist. Zunächst mal: Die Weine vom Kloster Eberbach sind durchgängig empfehlenswert. Kloster Eberbach ist Mitglied im VDP, dem Verband deutscher Prädikatsweingüter.

Interessant finde ich immer die Gutsweine der VDP-Weingüter, die jeweils schon mal einen Eindruck davon geben, welchen Anspruch das Weingut an seine von ihm produzierten Weine hat. Es ist aber auch eine schöne Sache, ein Erstes Gewächs oder gar ein Großes Gewächs, die Königsklasse in der VDP-Klassifikation, zu probieren.

Mein Wein des Monats ist der 2022 Steinberger Zehntstück Riesling trocken VDP Erste Lage. Der Steinberg liegt etwa einen Kilometer vom Kloster Eberbach entfernt und ist von einer ca. 3 km langen Mauer umgeben. Das bietet gewissen Schutz vor Verwüstungen durch Wildschweine, aber auch vor kühlen Fallwinden. Die Hanglage ist nach Südsüdwest ausgerichtet und vergleichsweise steil (35 bis 40%). Das Steinberger Zehntstück ist eine Teillage des Steinbergs und ist urkundlich bereits erwähnt, bevor das Kloster in 1136 gegründet wurde.

Wein des Monats Juni 2024
Blick auf den Steinberg. Links im Bild ist gut die den Steinberg umgebende Mauer zu sehen.

Der Duft des 2022 Steinberger Zehntstück Riesling trocken VDP Erste Lage ist tiefgründig und dicht. Man findet Birne und frischen Pfirsich, aber auch florale Töne. Nach längerem Verweilen im Glas entwickelt sich ein Polster von Limettenduft, der diese Komposition umfängt.

Im Geschmack geben die Limetten zusätzlich zu Birne und Pfirsich eine feine Herbe. Die Säure ist gut eingebunden. Im Abgang ist der Wein lang und anhaltend. Abgerundet wird das Erlebnis von einer dezenten Mineralität.

Ein feiner Wein, für den man sich etwas Zeit nehmen sollte.