Mein Wein des Monats Januar 2025

Riesling Rules

Dass im Rheingau der Riesling dominiert, ist hinlänglich bekannt. Knapp 80% der Rebfläche sind mit dieser edlen Rebsorte bestockt. Mein Wein des Monats Januar 2025 ist eine besondere Variante eines Rieslings.

Mein Wein des Monats Januar 2025

Mein Wein des Monats Januar 2025 ist der 2023-er Oestricher Doosberg Roter Riesling, trocken, des Weingutes Hanka in Johannisberg. Meine erste Begegnung mit dem Roten Riesling vom Weingut Hanka liegt etwa ein Jahr zurück. Damals besuchte ich zum ersten Mal den Gutsausschank des Weinguts. Und der Rote Riesling gefiel mir sofort. Er ist nicht kapriziös und tendenziell etwas kerniger als ein Weißer Riesling.

Die meisten werden es bereits wissen: Der Rote Riesling ist kein Rotwein und er ist auch nicht mit dem Schwarzriesling verwandt. Der Rote Riesling ist mutmaßlich die Vorgängervariante des heutigen (weißen) Rieslings, vielleicht aber auch ein Bruder des weißen Rieslings mit einem gemeinsamen Eltern-Ursprungsriesling.

Die Schale ist bläulich-rot und etwas dicker als beim weißen Riesling. Wenn man den Traubenmost länger auf der Maische liegen lässt, bekommt man zusätzliche rosa Farbnuancen. Gleichwohl handelt es sich um einen Weißwein.

Übrigens: Der Schwarzriesling segelt unter falscher Flagge. Er ist kein Riesling, sondern eine Burgundersorte. Auf französisch heißt er „Pinot Meunier“ und ist mit dem Spätburgunder verwandt.

Eine Große Lage

Prinzipiell ist der Oestricher Doosberg gemäß Klassifikation des VDP eine Große Lage. Doch nach den Vorgaben des VDP können Große Gewächse nur aus Rebsorten erzeugt werden, die als regional typisch anerkannt sind. Obwohl der Rote Riesling eine historische Spielart des Rieslings ist, fällt er nicht unter diese Kategorie – nur der Weiße Riesling genießt hier diesen Status. Daher werden wir vorerst vom VDP keine Großen Gewächse aus Rotem Riesling aus dieser und anderen Großen Lagen sehen.

Gleichwohl ist mein Wein des Monats Januar 2025 ein Wein aus einer Großen Lage.

Wein des Monats Januar 2025
2023-er Oestricher Doosberg Roter Riesling, trocken, des Weingutes Hanka in Johannisberg.

Das Genussprotokoll

Die Farbe

Der 2023-er Oestricher Doosberg Roter Riesling, trocken, des Weingutes Hanka in Johannisberg ist von heller strohgelber Farbe. Im Glas bildet er schöne Kirchenfenster, was auf einen extraktreichen Wein hindeutet.

Der Duft

Aus dem Glas dringt ein Duftbündel zumeist grüner Früchte, wie Kiwi, Stachelbeere, Apfel und Birne. Aber auch würzige Kräuternoten.

Der Geschmack

Im Geschmack setzt sich fort, was sich im Duft ankündigt. Kiwi, Stachelbeere, Apfel, Birne und hinzu gesellt sich noch ein Hauch von Erdbeere. Der Wein hat eine gute Mineralik und eine frische Säure, was ihn zu einem idealen Essensbegleiter für Speisen mit Räucheraromen oder salzigen Anteilen macht.

Wir haben ihn in einer zweiten Runde zu Königsberger Klopsen genossen. Die Anteile geräucherten Fischs , die salzigen Anchovis in der Kapernsauce, sie verbinden sich mit diesem Wein zu einer wundervollen Symbiose. Die Aromen der Speisen entfalten sich stärker und der Geschmack des Weines verwandelt sich hin zu reifen Äpfeln, reifen Birnen, die zusammen mit der Mineralik in einen langen Abgang münden.

Fazit

Der 2023-er Oestricher Doosberg Roter Riesling, trocken, des Weingutes Hanka ist ein guter Allrounder mit frischem Frucht- und Säurespiel und einer schönen Mineralik.

Kulinarische Lesung in Bad Dürkheim

Veranstaltet in Kooperation mit Michlers Weinerlebnis fand am 16. Januar 2025 eine Kulinarische Lesung in der Waldgaststätte „Die Alte Schmelz“ in Bad Dürkheim statt. Genaugenommen war es die zweite von zwei kulinarischen Lesungen. Die erste Lesung war am Tag zuvor.

Das Buch zur kulinarischen Lesung
Vorgestellt wurde der abschließende Band der Trilogie „Die Zeitungsdynastie“ der Bad Dürkheimer Autorin Katrin Tempel. Die Trilogie umfasst den Zeitraum der Jahre 1924 bis 1949. Katrin Tempel gab zunächst eine kleine Einführung in die ersten beiden Bände der Trilogie und zum historischen Hintergrund. Sie legte dar, dass es sich bei dieser Zeitungsdynastie um ein fiktives Zeitungshaus handelt. Keines der historischen Vorbilder überdauerte den gesamten beschriebenen Zeitraum von 1924 bis 1949.

Im Mittelpunkt der Handlung stehen die drei Geschwister Fritjof, Alexander und Vicky Manthey, die um die Zukunft des Zeitungsimperiums ihrer Familie kämpfen. Der erste Band „Goldene Jahre“ umfasst die Jahre 1924 bis zum Beginn des Dritten Reiches. Der zweite Band „Verlorene Heimat“ umfasst die Zeit des Nationalsozialismus. Die Geschichte des vorgestellten dritten Bandes „Neue Freiheit“ beginnt im zerbombten Berlin des Jahres 1945.

Obwohl es sich um ein fiktives Zeitungshaus handelt, sind die historischen Hintergründe detailgetreu recherchiert. Und so treffen wir im Rahmen der Nürnberger Prozesse auf einen gewissen Willy Brandt, der als Berichterstatter für eine norwegische Zeitung tätig ist und den Vicky Manthey in Nürnberg kennenlernt.

Soviel sei zum Buch gesagt. Auch den anwesenden Gästen der kulinarischen Lesung wurde nicht verraten, wie die Geschichte am Ende ausgeht. Es bleibt also spannend.

Wein und Menü zur kulinarischen Lesung
Thorsten Brand, Koch und Mitbetreiber der Waldgaststätte „Die Alte Schmelz“, zauberte ein 4-Gänge-Menue, passend zu dem zeitlichen Rahmen, in dem der dritte Band der Trilogie spielt.

Die Weine zum Menü präsentierte Dr. Steffen Michler, Inhaber von „Michlers Weinerlebnisse“. Bei der Auswahl der Weine mussten zu Gunsten der Gäste ein paar Zugeständnisse gemacht werden. Einerseits war es direkt nach dem zweiten Weltkrieg noch unüblich, dass tatsächlich Flaschenweine direkt vom Winzer vertrieben wurden. Und zum anderen hat sich die Auswahl der Weine sowie die Qualität der Weine in den letzten 80 Jahren deutlich weiterentwickelt. Wie gesagt, dies war nicht zum Nachteil der Gäste dieser kulinarischen Lesung.

Mein Fazit:
Eine sehr gelungene Veranstaltung. Man sah hier ein Team am Werk, das eine perfekt abgestimmte Präsentation von Literatur, Kulinarik und Weinkultur bot. Ein echtes Vergnügen!

Mein Wein des Monats Dezember 2024

Fast hätte ich ihn nicht kennengelernt: Meinen Wein des Monats Dezember 2024!

Meine Frau und ich waren im November im Landhaus Diedert, das von den Brüdern Oreste und Laurent Diedert geführt wird. Wir fühlen uns dort regelmäßig recht gut aufgehoben. Es hat einen sehr schönen Außenbereich, ein rustikal-gemütliches Ambiente im Innenbereich, Service und Essen sind durchweg gut. Das Landhaus Diedert macht immer wieder Themenabende. Mitte Oktober bis Ende November war es die Ente. Im Dezember ist es die Gans, im Sommer gibt es das „Sylter Garnelenfestival“.

Im November also der Entenabend. Zur Ente hatten wir uns einen schönen Spätburgunder vom Weingut Jakob Jung bestellt. Den Gutswein „Alexander Johannes“, Jahrgang 2020. Der Wein, der gebracht wurde, war Jahrgang 2022, angeblich war der 2020-er aus. Die junge Bedienung sagte dazu, dass die Weinkarte wohl angepasst werden müsste. Ein Irrtum, wie sich herausstellte. Es war zwar auch ein Gutswein vom Weingut Jakob Jung, aber nicht der „Alexander Johannes“, sondern der „Tradition“. Als wir den Irrtum bemerkten und reklamierten, bekamen wir unverzüglich den 2020-er Alexander Johannes. Wie gesagt, der Service im Landhaus Diedert ist gut. Fast hätte ich Alexander Johannes also nicht kennengelernt. Und die Weinkarte musste glücklicherweise nicht geändert werden. Der Wein passte hervorragend zur Ente, gefiel uns aber auch unabhängig davon.

Um unseren Eindruck zu überprüfen, nutzten wir einige Tage später die Adventsweinprobe des Weingutes Jakob Jung und waren immer noch sehr angetan. Für weitere Verkostungen zu Hause nahmen wir uns ein Kistchen mit.

Mein Wein des Monats ist also der 2020-er Spätburgunder Gutswein „Alexander Johannes“ des Weingutes Jakob Jung.

Wie uns der Inhaber des Weingutes Jakob Jung, Alexander Jung, erzählte, werden für diesen Gutswein lagenübergreifend die besten Trauben selektiert. Der Wein reift zwei Jahre im kleinen Eichenholzfass. Im Rahmen zweier jährlicher Proben werden jeweils etwa 25 bis 30% aussortiert. Diese Partie wird jeweils für den Gutswein „Tradition“ verwendet. Letztlich wird also nur etwa die Hälfte des Ausgangsweines dieser lagenübergreifend besten Trauben zu einem Gutswein „Alexander Johannes“. Wie wir im Rahmen der Adventsweinprobe ebenfalls erfuhren, handelt es sich bei diesen Trauben um einen kleinbeerigen Klon der Spätburgundertraube, so dass die Schale einen relativ hohen Anteil an der Maische hat im Vergleich zu großbeerigeren Varianten des Spätburgunders. Da in der Schale wesentliche Geschmacksträger enthalten sind, bekommt der Wein einen intensiveren Geschmack. Stengel und Stiel werden vorher sorgfältig entfernt, um keine unnötigen Bitterstoffe mitzunehmen.

Nun zum Genussprotokoll:

Die Farbe:
Dieser Spätburgunder hat eine kräftige (burgunder-) rote Farbe. Beim Schwenken des Glases bilden sich prächtige Kirchenfenster.

Der Duft:
Aus dem Glas dringt ein intensiver Duft von Gewürzen, wie Anis, Vanille, Zimt, etwas Pfeffer. Kräftiges Spiel von Cassis, Backpflaume, Himbeere und dunklen Süßkirschen.

Der Geschmack:
Der Geschmack ist eine Komposition aus roten Früchten, würzigen Noten, Lakritz sowie einer feinen Mineralität. Die Tannine sind sehr gut eingebunden und halten sich im Hintergrund. Der Wein kleidet den Mund angenehm aus und hat einen langen Nachklang.

Fazit: Ein Spätburgunder, der immer wieder begeistert. Ein Wein, der Geschichten erzählt – wie diejenige, wie ich ihn fast nicht kennengelernt hätte.

Wein des Monats Dezember 2024

Mein Wein des Monats November 2024

Das 5. Sparkling-Festival Anfang November diesen Jahres in Mainz beeindruckte mich in mehrerlei Hinsicht. Einerseits fand ich es toll, was Gerhild Burkard und ihr Team da auf die Beine gestellt hatten: Gerhild ruft und 80 Winzer aus 12 Ländern antworten und präsentieren ihre feinen Sekte. Und das Ganze in einem schönen kurfürstlichen Rahmen.

Interessant fand ich auf dieser Sektmesse die unterschiedlichen Sichtweisen dazu, wie reif die Trauben sein dürfen, um sie im Anschluss zu Sekt zu verarbeiten. Die einen wollen die Trauben vergleichsweise früh lesen, um daraus nicht zu alkoholbetonte und gleichzeitig sowohl spritzige als auch fruchtige Sekte herzustellen. Anderen ist es wichtig, den Trauben mehr Zeit zur Reife geben. Am Ende wird der Geschmack des Kunden entscheiden, was bei ihm besser ankommt.

Dann war da noch die „Methode Rurale“. Kannte ich bisher nicht, bin ja kein Geisenheimer. Für mich gab´s bei Sekt immer zwei Gärungen. Auf die „Methode Rurale“ stieß ich am Stand des Weingutes Motzenbäcker by Marie Menger-Krug. Da das Verfahren so grundsätzlich anders ist (nur eine Gärung, ggf. kein Degorgieren), war mein Interesse geweckt. Der nächste Wein des Monats sollte ein Sekt, hergestellt nach der „Methode Rurale“, sein.

Am 23. November 2024 besuchten wir das Weingut Motzenbäcker in Deidesheim und hatten das Glück, sogleich an einer Wein- und Sektverkostung teilnehmen zu können. Und es war direkt der erste Sekt dieser Verkostung, der mein Wein des Monats November 2024 werden sollte: Der „Royal Rosé Rurale Brut“.

Wir haben den Sekt natürlich auch noch einmal zu Hause verkostet. Manchmal erlebt man Überraschungen, wie unterschiedlich Wein oder Sekt schmeckt, je nachdem, ob man ihn im Rahmen einer anregenden Veranstaltung oder dann zu Hause genießt. In diesem Fall gab es keine Überraschungen.

Hier nun das Verkostungsprotokoll:

Die Farbe:
Der Sekt hat ein klares Lachsrosa ohne Trübung. Daran kann man erkennen, dass er degorgiert wurde. Das ist zwar bei der Methode Rurale untypisch, ist aber optisch ansprechender.

Der Duft:
Der Duft ist vielschichtig und einladend. Neben leichten Brioche-Tönen finden wir reife Erdbeeren und feine Vanillenoten.

Der Geschmack:
Aromatisch fruchtig, neben Erdbeeren schmeckt man dunkle Kirschen. Hinzu kommen kräutrige Nuancen und eine ganz zarte Ahnung von Tanninen. Die feine Perlage verleiht dem Sekt Cremigkeit, die Fruchtnoten klingen in einem langen Abgang nach.

Fazit: Für mich ein faszinierender Sekt, bin ich doch bei Rosé-Sekten sonst eher zurückhaltend. Aber dieser hat eine ursprüngliche Fülle, die mir gefällt.

Wie können Brüder so verschieden sein?

„Wie können Brüder so verschieden sein?“ Wer einen Bruder hat, kennt diesen Spruch vielleicht. Aus meiner Sicht gibt es darauf eine alles erklärende vernünftige Antwort: „Ist halt so!“ Weitergehende Erklärungen greifen meiner Meinung nach regelmäßig zu kurz.

Aber was, wenn wir nicht über Menschen, sondern über Weine sprechen – genauer gesagt, über Weine derselben Herkunft, derselben Lage und vom gleichen Winzer, die sich nur im Jahrgang unterscheiden? Hier hoffe ich, doch ein paar plausible Antworten zu finden. Schauen wir mal.

Beim Vergleich des Hochheimer Hölle Erstes Gewächs 2016 des Weingutes Dienst mit seinem großen Bruder aus dem Jahre 2010 drängte sich mir genau diese Frage auf: Warum sind die beiden so unterschiedlich? Und wie immer, wenn ich nichts Genaues weiß, frage ich gerne jemanden mit Sachverstand.

Also sprach ich Thorsten Dienst, den Inhaber des Weingutes Dienst, direkt an. Ich wollte verstehen, warum das Hochheimer Hölle Erstes Gewächs 2010 mit intensiven Honignoten und einer satten, öligen Textur daherkommt, während der 2016er mit frischen Zitrusnoten punktet.

Folgendes habe ich aus unserem Gespräch mitgenommen:

Ein Blick hinter die Unterschiede

Thorsten Dienst produziert Erste Gewächse nicht in jedem Jahr. Er muss überzeugt sein, dass der Wein besonderes Potenzial hat – 2010 und 2016 waren solche Jahrgänge. Dennoch unterscheiden sich die beiden Weine natürlich.

  • Säure und Restsüße: Der 2010er hat sowohl einen höheren Säureanteil als auch mehr Restsüße als der 2016er.
  • Verschlussart: Der 2010er wurde mit einem Korkverschluss versehen, der 2016er hingegen mit einem Schraubverschluss.
  • Reifezeit: Der 2010er hatte zum Zeitpunkt des Vergleichs bereits sechs Jahre mehr Zeit, sich auf der Flasche zu entwickeln.

Warum schmecken die Weine so unterschiedlich?

Säure und Restsüße

Säure verleiht einem Wein Struktur und Stabilität, was ihn für eine längere Lagerung geeignet macht. Sie verlangsamt oxidative Prozesse und schützt vor mikrobiellen Veränderungen. Eine höhere Restsüße bietet zusätzlich Potenzial für die Entwicklung intensiver Aromen, wie fruchtige oder honigsatte Noten, und unterstützt ebenfalls die Haltbarkeit.

Höherer Säureanteil und höhere Restsüße geben also dem 2010er sowohl die Lagerfähigkeit als auch das Potenzial für die Entwicklung dieser Honigaromen.

Korkverschluss versus Schraubverschluss

Früher galt: Ein guter Wein braucht Kork. Heute ist es längst üblich, auch hochwertige Weine mit Schraubverschluss abzufüllen. Schraubverschlüsse schließen sogar dichter als Kork. Beim 2010er hingegen ermöglichte der Korkverschluss eine minimale Sauerstoffzufuhr. Diese Mikrooxidation kann den Reifeprozess unterstützen und hat vermutlich zu den satten Honignoten beigetragen.


Und was heißt das nun?

Am Ende bleiben all diese Erklärungen zwar schlüssig, sind aber auch ein Stück weit rückblickend konstruiert. Winzer selbst sind oft überrascht, wie sich ihre Weine im Laufe der Jahre entwickeln.

Vielleicht lässt sich die Antwort auf die Frage, warum diese beiden Brüder so unterschiedlich sind, doch am besten in einem Satz zusammenfassen: „Ist halt so!“

Sekt: Ist der „trocken“ oder eher „mild“?

Auf diese Frage würde ich antworten: „Weder noch.“ Wahrscheinlich würde ich dann noch hinzufügen: „Er ist brut“. Kann auch sein, dass ich sage: „Er ist „extra brut“. Irgendwas in dieser Art. Vermutlich würde ich nicht sagen: „Er ist sogar extra trocken“.

Genug geplaudert. Was bedeutet das nun. Von was reden wir hier?

Sekt kann man, ähnlich wie Stillwein, nach dem Zuckergehalt klassifizieren. Und zwar, wie beim Stillwein, definiert durch EU-Verordnung.

Der Restzuckergehalt gibt an, wie viel Zucker nach der Gärung noch im Sekt vorhanden ist. Bei den „süßeren“ Varianten wird aber regelmäßig über die sogenannte Dosage zusätzlicher Zucker zugegeben. Deswegen spreche ich in diesen Fällen nicht von Restzucker, sondern von Zucker.

Und den Begriff „trocken“ werden wir im Folgenden noch etwas diskutieren. Hier nun die Klassifizierung gemäß EU-Verordnung.

1. Brut Nature (0–3 g/l Restzucker):

Man kann sagen, „brut nature“ ist die trockenste Form des Sekts, obwohl „trocken“ in dieser Klassifizierung anders definiert ist. Aber ich denke, es ist klar, was gemeint ist.

Diesem Sekt darf nach der zweiten Gärung kein zusätzlicher Zucker hinzugefügt werden.

Nach meiner Einschätzung ist Riesling-Sekt brut nature kein Sekt für Sekt-Beginner. Würde Sekt-Beginnern sogar davon abraten.

2. Extra Brut (0–6 g/l Zucker):

Extra Brut enthält ein klein wenig mehr Zucker, ist aber immer noch extrem trocken. Eignet sich somit eher für Sekttrinker, die es „staubtrocken“ mögen.

3. Brut (0–12 g/l Zucker):

„Brut“ bietet einen guten Kompromiss zwischen der z.B. für den Riesling so typischen Säure und etwas Süße. In dieser Klasse findet man schöne Sekte (z.B. hier oder hier), die auch Menschen gefallen können, die nicht regelmäßig Rheingauer Sekte trinken.

4. Extra Dry/Extra Trocken (12–17 g/l Zucker):

Aus meiner Sicht ist der Begriff „extra trocken“ für Sekt-Beginner irreführend. Wenn diese den Sekt für sich selber kaufen, ist das aber tendenziell eine gute Wahl. Wenn mir allerdings jemand etwas zum Geburtstag mitbringen möchte, dann darf es gerne aus den ersten drei Kategorien sein.

5. Dry/ Trocken (17–32 g/l Zucker):

Trocken hat beim Sekt ein breites Spektrum. Ein trockener Sekt ist deutlich süßer als ein trockener Wein. Um auf die Eingangsfrage zurückzukommen: „Ist der Sekt trocken oder eher mild?“ Meine Antwort wäre: „Beides.“

6. Demi-Sec/Halbtrocken (32–50 g/l Zucker):

Halbtrockenen Sekt trinke ich am liebsten mit O-Saft. Gerne trinke ich dann auch den O-Saft pur.

7. Doux/mild (über 50 g/l Zucker):

Dies ist die süßeste Kategorie. Solche Sekte eignen sich beispielsweise als Dessertsekt.

Hier wieder eine kleine Anmerkung: Die EU-Verordnung lässt auch im Falle von Schaumweinen gegenüber den Angaben auf dem Etikett Abweichungen beim Zuckergehalt zu. Und zwar bis zu 3 g/l. Wenn also jemand andere Grenzwerte kennt, dann sind die vielleicht trotzdem korrekt.

5. Internationales Sparkling Festival

„Das 5. Internationale Sparkling Festival in Mainz ist die weltweit führende Messe der Schaumweinkunst. Im Kurfürstlichen Schloss in Mainz versammeln sich über 80 herausragende Weingüter aus 12 verschiedenen Ländern. Mit mehr als 220 erstklassigen Schaumweinen aus dem Premiumbereich ist diese Konzentration von Spitzen-Schaumweinen einzigartig und macht die Veranstaltung zu einem unvergleichlichen Highlight in Europa.“ (Zitat)

Internationales Sparkling Festival
Eingang zum Kurfürstlichen Schloss in Mainz.
Am 03.11.2024 öffnete das Festival um 11.30 Uhr für das Fachpublikum. Die offizielle Begrüßung und Eröffnung durch die Organisatorin Gerhild Burkard, den Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium, Andy Becht, sowie die Wirtschaftsdezernentin der Stadt Mainz, Manuela Matz, fand in lockerer Stimmung erst gegen 13:30 Uhr statt. Hier das anschließende „Familienfoto“.

Südafrika ist vertreten.
England ist vertreten.
Frankreich sowieso. Im Bild: Gaston Collard.
Deutschland natürlich auch, z.B. Motzenbäcker by Marie Menger-Krug. Marie Menger-Krug ist begeisterte Anhängerin der Methode Rurale.

Und hier im Bild die sechs in einer weiteren Masterclass verkosteten deutschen Sekte.

Wer zwischendurch etwas essen wollte, konnte sich etwas an der Käsetheke bestellen oder beim Food Truck im Hof des Kurfürstlichen Schlosses. Der klare Favorit an der Käsetheke: Der Löffelgorgonzola.
Zufriedener Blick zurück. Danke und Glückwunsch an Gerhild Burkard und ihr Team sowie alle Mitwirkenden für dieses tolle Event.

Mein Wein des Monats Oktober 2024

Jeder Vergleich hinkt irgendwie. Sich mit anderen vergleichen, kann frustrierend sein. Gar Vergleiche innerhalb der Familie ziehen, hat erhebliches Konfliktpotenzial. Ich mache das hier trotzdem.

Mein Wein des Monats Oktober 2024 ist der Hochheimer Hölle Riesling Erstes Gewächs 2016 des Weingutes Dienst in Hochheim und damit der jüngere Bruder meines Wein des Monats Oktober 2023, dem 2010er Hochheimer Hölle Riesling Erstes Gewächs.

Nun sind die beiden Jahrgänge nicht nur sechs Jahre auseinander, sondern waren auch für den Weinbau unterschiedlich herausfordernd. 2010 war insgesamt kühler und verregneter und brachte Weine hervor, die etwas säurebetonter waren. Das ist für die Lagerfähigkeit, und dann auch für die Entwicklung komplexerer Aromen, nicht verkehrt. 2016 fing ebenfalls regnerisch an, ab Mitte des Jahres wurde das Wetter stabiler und es blieb mild bis in den Herbst hinein. Das brachte im Vergleich zu 2010 ausbalanciertere Weine.

Soviel zu den theoretischen Unterschieden zwischen den Jahrgängen. Und nun zum Genussprotokoll:

Vorweg: Was beide Weine gemeinsam haben (außer Lage und Winzer) ist, dass beide gehaltvoll sind, schöne Kirchenfenster machen… und jetzt kommen die Unterschiede.

Die Farbe
Nicht honiggelb, sondern gelb mit deutlichem Grün-Anteil. Und so erwarte ich auch nicht diese ölig-süße Ausprägung, die der ältere Bruder hat.

Der Duft
Im Duft finden sich Zitrusfruchtaromen, Cantaloupe-Melone, Erdbeere, dazu ein Hauch von Honig. Keine Anzeichen ausladender Süße.

Der Geschmack
Im Geschmack kommen Pfirsich und die leichte Bitterkeit von Pampelmuse zu den vorgenannten Duftnoten hinzu. Die Säure ist präsent, aber nicht überschießend.

Fazit: Der Hochheimer Hölle Riesling 1. Gewächs 2016 ist ein schöner komplexer Wein. Er wirkt erstaunlich jung, spritzig und fruchtig. Er hat erkennbares Alterungspotenzial. Und vielleicht bespreche ich ihn in zwei oder drei Jahren erneut. Mal sehen, riechen, schmecken, was wir dann im Glas haben.

120. WineBANKers Table am 28.10.2024

Das Weinanbaugebiet Ahr macht flächenmäßig nicht einmal ein Fünftel des Weinanbaugebietes Rheingau aus. Gleichwohl ist an der Ahr etwa die selbe Fläche wie im Rheingau mit Rotwein bestückt. Die Ahr ist bekannt als klassisches Rotweinanbaugebiet, in dem vor allem Spätburgunder kultiviert wird. Bei den Weißweinen dominiert hingegen der Riesling. Also quasi wie im Rheingau. Bloß umgekehrt.

Zu Gast bei der WineBANK Rheingau war heute das VDP-Weingut Nelles aus Bad Neuenahr Heimersheim. Die Geschichte dieses Weingutes reicht bis ins Jahr 1479 zurück. Seit 1994 ist das Weingut Mitglied des VDP.

Philip Nelles, der für den Ausbau der Weine verantwortlich ist, führte die Gäste durch den Abend und gab spannende Einblicke in die Weinherstellung des Weingutes. Der Wein wird ausschließlich per Hand gelesen. Die Beeren werden ohne Stiel und Stängel verarbeitet, was dem Wein eine weichere Note gibt.

Zur Begrüßung gab es eine 2021 Pinot Cuvée Burgunder-Rosésekt brut aus Gutsweinen. Der Sekt hatte eine feine Perlage sowie eine tolle Balance zwischen Frucht- und Säurenoten.

Der zweite vorgestellte Wein war ein gehaltvoller und frischer 2023-er Riesling Ortswein aus über 54 Jahre alten Reben.

Ab dann sahen wir rot. Die folgende Parade dreier Spätburgunder stellte einen schönen Vergleich unterschiedlicher Charaktere dar. Zunächst ein 2022-er Gutswein, dann ein 2021-er Ortswein und schließlich ein 2022-er Großes Gewächs. Der Gutswein aus einer großbeerigen Spätburgunder-Variante kam sehr fruchtig mit leichten Röstaromen daher. Der Ortswein aus einer kleinbeerigen Pinot-Noir-Variante zeigte sich mit intensivem Rubinrot und duftender Kirsche sowie pfeffrigen Noten. Als Krönung dann das Große Gewächs aus alten Reben der Lage Schieferlay, Lösslehm auf Schiefer. Ein wunderbarer Wein.

Mein persönlicher Favorit für diesen Abend war der 2022-er Spätburgunder Gutswein, der mich wegen seiner besonderen Fruchtigkeit überraschte und sofort für sich einnahm.

WineBank

Zunächst ein paar Fragen vom Club Manager an Philipp Nelles.

WineBank

Die fünf Leckeren von der Ahr.

WineBank

Zum Abschluss ein kleines Buffet.

Was heißt hier trocken?!

Die VDP-Klassifikation orientiert sich bekanntlich an den Lagen: Je feiner die Lage, desto feiner der Wein. Diese Klassifikation – unterteilt in Gutswein, Ortswein, Erste Lage und Große Lage – gilt jedoch ausschließlich für trockene Weine.

Aber nicht alle Weine sind trocken, und daher stellt sich die Frage: Was gibt es denn da noch und wie ist das eigentlich definiert?

Zunächst hängt die Einstufung eines Weins als trocken, halbtrocken, lieblich oder süß allein vom Restzuckergehalt ab. Doch es gibt Ausnahmen. Dazu kommen wir gleich.

Die Klassifizierung nach Restzucker ist größtenteils durch EU-Verordnung geregelt, auf die auch die deutschen Vorgaben, wie beispielsweise die Weinverordnung, Bezug nehmen.

  • Trocken (bis zu 4 g/l Restzucker): Weine, die als „trocken“ gekennzeichnet werden, weisen einen sehr niedrigen Restzuckergehalt auf. Die Hefen haben also fast den gesamten Zucker in Alkohol umgewandelt. Der Restzuckergehalt liegt regelmäßig bei maximal 4 Gramm pro Liter. Allerdings sind bis zu 9 g/l erlaubt, wenn der Restzuckergehalt den Gesamtsäuregehalt um nicht mehr als 2 g/l übersteigt. Damit hätten wir eine der Ausnahmen.
  • Halbtrocken (4–12 g/l Restzucker): Der Restzuckergehalt halbtrockener Weine liegt zwischen 4 und 12 Gramm pro Liter. Auch hier gibt es eine Ausnahme (bis 18 g/l Restzucker) in Abhängigkeit vom Gesamtsäuregehalt des Weines.
  • Lieblich (bis 45 g/l Restzucker): Lieblich bezeichnet Weine, die deutlich süßer als halbtrockene Weine sind, ohne jedoch die Süße eines Dessertweins zu erreichen. Sie finden Verwendung in Kombination mit fruchtigen Nachspeisen oder als Aperitif.
  • Süß (ab 45 g/l Restzucker): Süßweine haben den höchsten Restzuckergehalt und werden oft aus überreifen oder edelfaulen Trauben hergestellt. Ihre Aromen kommen in besonderem Maße zur Geltung zusammen mit Desserts oder kräftigen Käsesorten.

In der Definition von „trocken“ und „halbtrocken“ hatten wir die Ausnahme erwähnt, dass der Restzucker höher sein darf, wenn der Säuregehalt ebenfalls relativ hoch ist. Das erklärt sich daraus, dass ein hoher Säuregehalt die wahrgenommene Süße geschmacklich ausgleichen kann.

Eine besondere Variante dieses Zusammenspiels von Säure und Restzucker findet sich bei den „Classic“-Weinen, die einen Restzuckergehalt von höchstens 15 g/l aufweisen dürfen, wobei dieser nicht mehr als das Doppelte des Gesamtsäuregehalt ausmachen darf.

Klingt knifflig, schmeckt mir mit zunehmendem Alter aber immer besser.