Wein des Monats März 2025

Mein Wein des Monats März 2025 ist ein PIWI-Wein. PIWI-Weine sind Weine, die auf besondere Pilzwiderstandsfähigkeit gezüchtet wurden, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu reduzieren.

Meine erste intensivere Begegnung mit PIWI-Weinen hatte ich vor etwa einem Jahr bei einem wineBANKers Table im Weingut Balthasar Ress. Besonders gefallen hatte mir der dort präsentierte Sauvignac, eine Kreuzung aus Riesling, Sauvignon blanc und einer weiteren, nicht näher spezifizierten pilzwiderstandsfähigen Rebsorte. Ein Weißwein mit schönen Aromen von Apfel und Aprikose. Diese erste Begegnung hatte mich auf die PIWI-Weine neugierig gemacht.

Vorletzten Sonntag nun war ich auf einer Radtour ins Rheinhessische. Genauer gesagt schlug ich letztlich in Nierstein auf. Vor mehreren Jahren hatten wir dort einen Winzer kennengelernt, der nach ökologischen Grundsätzen arbeitete und der außerdem PIWI-Weine im Sortiment führt.

Obwohl es Sonntag war und die Vinothek eigentlich geschlossen hatte, durfte ich eine kleine Probe seines Sortimentes verkosten und bin dann mit zwei Weinen wieder Richtung Heimat gestrebt.

Mein Wein des Monats März 2025 ist der 2022-er Cabernet Blanc vom Weingut Wedekind in Nierstein. Der Cabernet Blanc ist eine Kreuzung aus Cabernet Sauvignon und Regent, also zwei roten Sorten. Gleichwohl ist der Cabernet Blanc eine weiße Sorte. Wer sich mit den Mendelschen Regeln auskennt, kann sich jetzt überlegen, wie das zustande kommen konnte.

Nun zum Genussprotokoll:

Die Farbe:
Der Wein hat eine klare strohgelbe Farbe mit deutlichen grünen Facetten.

Der Duft:
Im Glas zeigt sich der Duft von Stachelbeeren, gelber Paprika sowie kräutrige Noten. Ein feiner Schleier von Litschi rundet das Bouquet ab.

Der Geschmack:
Der Wein hat eine frische Säure, die aber nie dominant ist. Im Geschmack finden wir Zitrusfrüchte, darunter reife Orange sowie Erdbeere, die zusammen mit den kräutrigen Noten und der fröhlichen Säure ein ausgewogenes Gesamtkonstrukt ergeben. Wenn der Wein geschluckt und die aufregenden Sachen verklungen sind, verbleibt im Munde eine unaufdringliche Süße von Mirabellen.

Fazit: Wer Sauvignon Blanc oder Riesling mag, wird vermutlich auch am Cabernet Blanc Gefallen finden. Und um auf meinen Wein des Monats März 2025 zurückzukommen: Der 2022-er Cabernet Blanc vom Weingut Wedekind in Nierstein ist ein besonders gelungenes Beispiel für einen Cabernet Blanc.

PIWI-Weine

PIWI-Weine haben nichts mit Mathematik zu tun, auch nichts mit neuseeländischen Laufvögeln. PIWI-Weine sind eine zukunftsweisende Antwort auf die Herausforderungen des Klimawandels und leisten einen wertvollen Beitrag zum Umweltschutz.

Was sind PIWI-Weine?

Ob man es mag oder nicht, ohne einen Mindesteinsatz von Pflanzenschutzmaßnahmen ist Weinbau auf hohem Qualitätsniveau nicht möglich. Die Gefahr von Mehltau (echter bzw. unechter Mehltau), Schwarzfäule etc. lauert immer. Selbst im biologischen Anbau, wo chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel tabu sind, kommen Schwefel- und Kupferpräparate zum Einsatz – mit Folgen für Boden und Umwelt.

PIWI-Weine sind Weine, die gegen eine oder mehrere Pilzkrankheiten resistent sind. Dabei ist „resistent“ nicht absolut zu verstehen – doch moderne Züchtungen bieten immer bessere Ergebnisse. Dank gezielter Selektion und genetischer Forschung konnten neue Sorten so entwickelt werden, dass sie den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln um bis zu 90 % reduzieren.

Wie werden diese neuen Sorten entwickelt

Das ist die Sache mit den Bienchen und den Blümchen:

Pollen einer resistenten Rebe werden auf die Blüte einer anderen Rebsorte gegeben. Die daraus entstehenden Samen haben genetisches Material beider Reben. Aus diesen Samen werden dann Reben gezogen, die mehrere Tests durchlaufen, z.B. zur Resistenz, aber auch zum Wuchsverhalten sowie zu Geschmack und Aroma der Trauben. Es folgen größere Feldversuche, und wenn diese erfolgreich verlaufen, werden die neuen Sorten zur Zulassung angemeldet. Die Zulassung erfolgt in Deutschland durch das Bundessortenamt.

Was haben PIWI-Weine mit Klima- oder Umweltschutz zu tun?

Mit Klimaschutz zunächst nichts. Wohl aber als Antwort auf die Klimaveränderungen.

Klima

Die Veränderung des Klimas schafft tendenziell bessere Bedingungen für Pilzbefall. Seien dies jetzt die etwas wärmeren Temperaturen oder die zunehmende Luftfeuchtigkeit. Beides erhöht das Risiko des Pilzbefalles.

Auf die eine oder andere Art muss hier der Winzer also gegenhalten. Die eine Art wäre, dass mehr Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, die andere Art wäre, dass man Rebsorten verwendet, die weniger anfällig sind.

Umweltschutz

Neben dem konventionellen Weinbau gibt es auch verschiedene Ausrichtungen biologischen Weinbaus. Hier wird auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel verzichtet.

Stattdessen wird beispielsweise mit Kupfer- und Schwefelpräparaten gearbeitet. Zusätzlich werden Pflanzenstärkungsmittel ausgebracht, um die Reben widerstandsfähiger zu machen. Eine gute Laubarbeit zur besseren Durchlüftung ergänzt die Maßnahmen.

Aber auch diese Maßnahmen führen zu einer höheren Bodenbelastung (z.B. mit Kupfer). Außerdem ist dies arbeitsintensiver und führt aufgrund häufigerer Durchfahrten mit schweren Maschinen zu einer höheren Bodenverdichtung sowie zu höherer CO2-Belastung.

Insgesamt ergibt es also Sinn, wenn statt zusätzlicher Maßnahmen zur Bekämpfung des Pilzbefalles die Reben bereits aus sich heraus resistenter sind.

Schmecken PIWI-Weine?

Es gab frühere Züchtungen, die geschmacklich nicht überzeugen konnten. Aber heute verfügbare Sorten stehen den klassischen Sorten in nichts nach. Ein gutes Beispiel ist der Cabernet Jura, der in seiner Aromatik deutliche Parallelen zum Cabernet Sauvignon aufweist.

PIWI-Weine unterscheidet von anderen Weinen nichts – außer dass sie besondere Eigenschaften in Bezug auf Widerstandsfähigkeit gegen Pilzbefall haben. Da sie weniger Chemie benötigen, um gesund zu reifen, sind sie im Zweifel vielleicht sogar den Nicht-PIWIs vorzuziehen.

Wie gut sie schmecken, erlebte ich erstmals im Rahmen eines wineBANKers Table im Weingut Balthasar Ress. Sehr gefallen, neben anderen, hatte mir der dort präsentierte Sauvignac, eine Kreuzung aus Riesling, Sauvignon blanc und einer weiteren, nicht näher spezifizierten pilzwiderstandsfähigen Rebsorte. Ein Weißwein mit schönen Aromen von Apfel und Aprikose.

Welche PIWI-Sorten gibt es denn?

Die Namen mancher PIWI-Weine sind an die Namen der Elternreben angelehnt, andere sind völlig neu. Hier die zehn meistangebauten weißen und roten PIWI-Sorten in Deutschland (Quelle: Die Top 10 unter den PIWIs – Flächenentwicklung im Detail – PIWI International, Der Badische Winzer, Ausgabe Dezember 2023/ Januar 2024)

Wo stehen wir?

PIWI-Weine sind eine intelligente Antwort auf den Klimawandel und bieten zahlreiche Vorteile: Sie sind umweltfreundlicher, reduzieren den Arbeitsaufwand und senken die Kosten im Weinbau. Gleichzeitig bereichern sie die geschmackliche Vielfalt der Weinszene.

Obwohl es PIWIs schon sehr lange gibt, sind sie noch nicht weit verbreitet. Im Jahre 2020 lag der Anteil der PIWI-Anbaufläche im Rheingau nach Angaben des Weinbauamtes Eltville bei unter 0,5%. Die Bergstraße ist da mit einem Anteil von 3,54% schon deutlich weiter.

Mein Fazit:
Die PIWI-Weine haben einen langen Weg hinter sich, aber auch noch einen langen Weg vor sich.

Weinherstellung, erklärt in 5 Minuten

Weinherstellung, erklärt in 5 Minuten

Einleitung

Wein – ein Genussmittel mit Jahrtausende alter Tradition. Doch wie genau entsteht eigentlich Rotwein oder Weißwein? Falls Sie sich das schon immer gefragt haben, sind Sie hier genau richtig. In nur fünf Minuten erfahren Sie das Grundlegende zur Weinherstellung. Damit sind Sie bereits für leicht gehobene Party-Gespräche zur Weinherstellung gerüstet.

Die Grundlagen der Weinherstellung

Die Herstellung von Wein ist ein faszinierender Prozess, von der Lese der Trauben bis zur Abfüllung und genau genommen auch darüber hinaus. Dabei gibt es ein paar wesentliche Unterschiede zwischen Rot- und Weißwein. Hier ist der schnelle Überblick:

  • Rotwein: Wird aus dunklen Trauben gewonnen, die mit Schale und Kernen vergoren werden.
  • Weißwein: Stammt regelmäßig von weißen Trauben (Ausnahme: Blanc de Noir), der Saft wird direkt nach dem Pressen von Schalen und Kernen getrennt.

1. Die Weinlese – Der perfekte Zeitpunkt zählt

Die Qualität eines Weins beginnt im Weinberg. Die Trauben werden zum optimalen Reifezeitpunkt geerntet, entweder per Hand oder maschinell. Dabei spielen Zucker- und Säuregehalt eine entscheidende Rolle. Eine späte Lese kann beispielsweise zu höherem Zuckergehalt und damit zu einem höheren Alkoholgehalt führen.

Weinherstellung, erklärt in 5 Minuten

2. Pressen und Maischegärung – Die großen Unterschiede

Die Verfahren bei der Weinherstellung kann man ganz grob wie folgt unterscheiden:

  • Rotwein:
    Die geernteten Trauben werden gepresst, sodass die Maische (Saft, Schalen, Kerne) entsteht. Die alkoholische Gärung erfolgt direkt auf der Maische, meist in offenen Gärbehältern aus Edelstahl, Holz oder Beton.

    Durch die aufsteigende Kohlensäure steigt der sogenannte Tresterhut (die festen Bestandteile der Maische) an die Oberfläche und muss regelmäßig untergestoßen werden, um eine optimale Extraktion zu gewährleisten.

    Nach der gewünschten Extraktion wird die Maische abgepresst, und der Jungwein kommt zur weiteren Reifung in Fässer oder Tanks.

  • Weißwein: Die Trauben werden direkt nach der Lese gepresst, und nur der Saft wird vergoren, um die helle Farbe zu erhalten.

3. Die Gärung – Hefe macht den Alkohol

Hier kommt die Magie ins Spiel: Die zugesetzte oder natürliche Hefe wandelt den Zucker in Alkohol um. Dies kann in Edelstahltanks oder Holzfässern oder offenen Gärbottichen geschehen und dauert zwischen wenigen Tagen und mehreren Wochen. Während der Gärung entstehen neben Alkohol auch Kohlensäure und zahlreiche Aromastoffe.

4. Malolaktische Gärung – Bakterien reduzieren die Säure

Eine besondere Rolle spielt die malolaktische Gärung, ein biologischer Säureabbau, bei dem scharfe Apfelsäure in mildere Milchsäure umgewandelt wird.

Dieser Prozess erfolgt ggf. im Nachgang zur alkoholischen Gärung und wird durch spezielle Milchsäurebakterien verursacht. Für diesen Prozess werden Temperaturen ab etwa 20°C benötigt.

Besonders bei Rotwein sorgt dies dafür, dass dieser keine Säurespitzen, sondern eine ausgewogene Fülle hat. Das Verfahren wird jedoch auch bei bestimmten Weißweinen wie Chardonnay angewandt, um ihnen mehr Cremigkeit zu verleihen.

Diese Cremigkeit stößt nicht bei allen Weintrinkern auf Gegenliebe, in manchen Fällen wird der Wein als etwas „buttrig“ im Geschmack empfunden. Doch das nur am Rande.

5. Übergang zur Reifung – Wenn der Wein sich entwickelt

Nach der Gärung des Weines ist dieser oft noch etwas ungestüm. Deswegen schließt sich an die Gärung regelmäßig noch die Reifung des Weines in Fässern oder in der Flasche an. Hier verändert sich der Wein nicht mehr durch alkoholische Gärung, sondern durch den Kontakt mit (wenig) Sauerstoff, Hefe und dem verwendeten Behälter (Edelstahl, Holzfass oder Flasche). Säure und Tannine werden besser eingebunden, der Wein entwickelt weitere Aromen. Im Ergebnis bekommt man:

  • Junge, frische Weine, die nur kurz im Edelstahltank gereift sind.
  • Komplexe Weine, denen eine lange Reifung in der Flasche richtig gut tut.
  • Weine, die im Holzfass reiften, oft Rotweine, die dadurch ein ausgeglicheneres Verhältnis von Säure, Tanninen und Frucht bekommen.

Als Beispiel habe ich hier einen Link zu einem Beitrag, in dem ich auf die Auswirkung unterschiedlicher Flaschenverschlüsse, in Verbindung mit Säure- und Restzuckergehalt auf den Charakter des Weines eingehe.

6. Filtration, Abfüllung und Genuss

Bevor der Wein in die Flasche kommt, wird er oft geklärt und gefiltert. Bei der Filtration sollen Trubstoffe, Hefezellen und sonstige unerwünschte Partikel vom Wein getrennt werden. Zum Einen wird der Wein dadurch klarer, zum Anderen wird dadurch verhindert, dass im Nachgang weitere unerwünschte chemische Prozesse stattfinden.

Risiko ist dabei aber auch, dass ggf. erwünschte Geschmacksträger herausgefiltert werden. Wie so oft im Leben, sollte also mit den Möglichkeiten, die man hat, sorgsam umgegangen werden.

Eine Alternative zur Filtration ist der sogenannte Abstich. Man gibt dem Wein die Zeit, bis sich die Feststoffe abgesetzt haben und zieht dann den Wein oberhalb der Feststoffe ab. Dies wird einige Male wiederholt und ist ein etwas schonenderes Verfahren als die übliche Filtration.

Weinherstellung, erklärt in 5 Minuten

Fazit – Weinherstellung erklärt in 5 Minuten

Ob Rot- oder Weißwein – die Kunst der Weinherstellung verbindet Handwerk, Natur und Geduld. Das Zusammenspiel von Trauben, Lesezeitpunkt, Gärung und Reifung hilft zu verstehen, warum ein Wein jung und spritzig oder gereift und vielschichtig schmeckt.

Ich hab versucht, den gesamten Prozess kurz und bündig darzustellen. Wer gerne etwas tiefer einsteigen will, der findet sicher hier oder auch hier oder woanders weitere Informationen zu Wein und Weinherstellung.

VDP.Rheingau meets California am 02.März 2025

California und VDP.Rheingau

Immer wieder ein Erlebnis: Die Weinpräsentationen der VDP.RHEINGAU-Weingüter mit Partner-Weingütern aus aller Welt. Diesmal: Kalifornien.

Im beeindruckenden historischen Ambiente des Laiendormitoriums des Kloster Eberbach präsentierten sich am Sonntag, dem 02. März 2025 Traditionsweingüter aus dem Rheingau und Spitzenwinzer aus Kalifornien.

Die Mischung aus geschichtsträchtigem Ambiente und hervorragenden Weinen macht diese Weinpräsentation immer wieder besonders. Rund 65 Weingüter aus dem Rheingau und Kalifornien boten eine vielfältige Auswahl – von eleganten Rieslingen aus dem Rheingau bis hin zu kraftvollen Spätburgundern und beeindruckenden kalifornischen Cabernet Sauvignons und Chardonnays.

California

Die kalifornischen Weingüter, darunter renommierte Namen wie Ridge, Robert Mondavi und Silver Oak, beeindruckten mit charakterstarken und fruchtbetonten Weinen. Neben Cabernet Sauvignons aus Napa Valley mit ihrer erwartbaren Intensität und Fülle interessierten mich aber eher die kalifornischen Spätburgunder.

California und VDP.Rheingau

VDP.Rheingau

Die Weingüter des VDP.Rheingau bestachen auf ihre eigene Art. Mit ihren brillanten Rieslingen und Spätburgundern zeigten sie eindrucksvoll, warum diese Region weltweit so geschätzt wird. Weingüter wie Schloss Johannisberg, Robert Weil, Spreitzer oder Künstler bewiesen, dass deutsche Weine in Sachen Eleganz und Komplexität zur Weltspitze gehören.

Was ich spannend fand

Besonders interessant war für mich der direkte Vergleich der Pinot Noirs aus beiden Regionen. Hier kommt es nicht in erster Linie auf Kraft und Opulenz an, sondern auf Finesse und eine gewisse Eleganz. Und nach meinem völlig unrepräsentativen Vergleich kalifornischer und Rheingauer Spätburgunder kann ich sagen: Es ist wirklich eine Menge Schönes dabei, auf beiden Seiten.

Abschließend

Diese Weinpräsentationen des VDP.Rheingau mit Partnerregionen sind gute Gelegenheiten, um mal zu schauen, welche Weine jenseits deutscher Grenzen angebaut werden.

Sie ermöglichen spannende Vergleiche und eröffnen neue Perspektiven auf verschiedene Anbaugebiete und ihre typischen Weine.

Wein des Monats Februar 2025

Der Wein

Mein Wein des Monats Februar 2025 ist der 2023-er Hallgartener Hendelberg Rheingau Riesling trocken, VDP.Erste Lage, des Weingutes Spreitzer aus Oestrich-Winkel.

Vorgeschichte

Das Weingut Spreitzer war uns seit vielen Jahren vertraut als das schmucke Anwesen mit der hübschen Jugendstilvilla rechts des Weges am Ortsausgang von Oestrich, wenn wir zum Gutsausschank des Weingutes F.B. Schönleber gefahren sind und dabei die romantische Strecke über die Dörfer genommen haben.

Zu damaliger Zeit lag unser Fokus noch eher auf „Wo kann man im Rheingau ausgehen?“ Bis wir dann vor zwei Jahren wieder mal den Ortsausgang Oestrich passierten und bemerkten, dass auf diesem schönen Anwesen eine Art Hoffest im Gange war.

Die Gelegenheit haben wir genutzt und dabei festgestellt, dass uns die Spreitzer Weine sehr gefallen. Außerdem war es bisher immer ein nettes Erlebnis, wenn wir dort waren, sei es im Rahmen einer Veranstaltung oder nur zum Verkosten und Einkaufen.

Das Weingut Spreitzer unter der Leitung der Brüder Andreas und Bernd Spreitzer gilt als eines der Spitzenweingüter im Rheingau. Seit 1999 sind sie Mitglied im VDP.

Die Lage „Hallgartener Hendelberg“

Ich zitiere aus „Rheingau.de: „Urkundlich erwähnt wird die Hanglage 1418, damals erlaubte der Mainzer Erzbischof Johann II. von Nassau den Hallgartenern die Fläche zu roden und gegen Zinswein mit Reben zu bepflanzen.

Zu finden sind hier, nahe dem bewaldeten Taunuskamm, tiefgründige, steinige Schieferböden. Weiter unten im Talzug gibt es sogar Aueböden mit Lösslehmen. Entsprechend schwere Weine mit großer Mineralität und markanter Säure wachsen hier, die gerne gelagert werden möchten, um dann ihre volle Vielfalt unter Beweis zu stellen.“

Verkostungsprotokoll

Kommen wir nun zum Verkostungsprotokoll meines Wein des Monats Februar 2025, dem Hallgartener Hendelberg Rheingau Riesling trocken, VDP.Erste Lage.

Die Farbe

Aus dem Glas lacht uns verheißungsvoll der strohgelbe Wein an. Nach dem Schwenken des Glases bilden sich schöne Kirchenfenster. Dies deutet auf einen extraktreichen Wein hin.

Der Duft

Im Duft finden sich neben würzigen Aspekten reifer Pfirsich, Aprikose, reifer Apfel und… Quitte. Und wenn man das fast leere Glas eine Weile stehen lässt, bevor man zum letzten Schluck ansetzt, empfangen einen intensive Honignoten.

Der Geschmack

Im Geschmack finden wir ein schönes Säurespiel sowie eine feine, aber deutliche Mineralik. Diese ergänzen die Fruchtaromen perfekt und zusammen verleihen sie ein cremiges Mundgefühl. Das ausgewogene Genusserlebnis findet in einem langen Nachhall seinen glanzvollen Abschluss.

Fazit

Ein wunderbarer Wein mit gutem Alterungspotenzial. Ein Wein, der viel zu schade ist, um ihn bei Nüsschen vor dem Fernseher zu trinken. Es dürfte hochinteressant sein, ein paar Flaschen zurückzuhalten, um eine jährliche Nachverkostung durchzuführen.

Wein des Monats Januar 2025

Riesling Rules

Dass im Rheingau der Riesling dominiert, ist hinlänglich bekannt. Knapp 80% der Rebfläche sind mit dieser edlen Rebsorte bestockt. Mein Wein des Monats Januar 2025 ist eine besondere Variante eines Rieslings.

Mein Wein des Monats Januar 2025

Mein Wein des Monats Januar 2025 ist der 2023-er Oestricher Doosberg Roter Riesling, trocken, des Weingutes Hanka in Johannisberg. Meine erste Begegnung mit dem Roten Riesling vom Weingut Hanka liegt etwa ein Jahr zurück. Damals besuchte ich zum ersten Mal den Gutsausschank des Weinguts. Und der Rote Riesling gefiel mir sofort. Er ist nicht kapriziös und tendenziell etwas kerniger als ein Weißer Riesling.

Die meisten werden es bereits wissen: Der Rote Riesling ist kein Rotwein und er ist auch nicht mit dem Schwarzriesling verwandt. Der Rote Riesling ist mutmaßlich die Vorgängervariante des heutigen (weißen) Rieslings, vielleicht aber auch ein Bruder des weißen Rieslings mit einem gemeinsamen Eltern-Ursprungsriesling.

Die Schale ist bläulich-rot und etwas dicker als beim weißen Riesling. Wenn man den Traubenmost länger auf der Maische liegen lässt, bekommt man zusätzliche rosa Farbnuancen. Gleichwohl handelt es sich um einen Weißwein.

Übrigens: Der Schwarzriesling segelt unter falscher Flagge. Er ist kein Riesling, sondern eine Burgundersorte. Auf französisch heißt er „Pinot Meunier“ und ist mit dem Spätburgunder verwandt.

Eine Große Lage

Prinzipiell ist der Oestricher Doosberg gemäß Klassifikation des VDP eine Große Lage. Doch nach den Vorgaben des VDP können Große Gewächse nur aus Rebsorten erzeugt werden, die als regional typisch anerkannt sind. Obwohl der Rote Riesling eine historische Spielart des Rieslings ist, fällt er nicht unter diese Kategorie – nur der Weiße Riesling genießt hier diesen Status. Daher werden wir vorerst vom VDP keine Großen Gewächse aus Rotem Riesling aus dieser und anderen Großen Lagen sehen.

Gleichwohl ist mein Wein des Monats Januar 2025 ein Wein aus einer Großen Lage.

Wein des Monats Januar 2025
2023-er Oestricher Doosberg Roter Riesling, trocken, des Weingutes Hanka in Johannisberg.

Das Genussprotokoll

Die Farbe

Der 2023-er Oestricher Doosberg Roter Riesling, trocken, des Weingutes Hanka in Johannisberg ist von heller strohgelber Farbe. Im Glas bildet er schöne Kirchenfenster, was auf einen extraktreichen Wein hindeutet.

Der Duft

Aus dem Glas dringt ein Duftbündel zumeist grüner Früchte, wie Kiwi, Stachelbeere, Apfel und Birne. Aber auch würzige Kräuternoten.

Der Geschmack

Im Geschmack setzt sich fort, was sich im Duft ankündigt. Kiwi, Stachelbeere, Apfel, Birne und hinzu gesellt sich noch ein Hauch von Erdbeere. Der Wein hat eine gute Mineralik und eine frische Säure, was ihn zu einem idealen Essensbegleiter für Speisen mit Räucheraromen oder salzigen Anteilen macht.

Wir haben ihn in einer zweiten Runde zu Königsberger Klopsen genossen. Die Anteile geräucherten Fischs , die salzigen Anchovis in der Kapernsauce, sie verbinden sich mit diesem Wein zu einer wundervollen Symbiose. Die Aromen der Speisen entfalten sich stärker und der Geschmack des Weines verwandelt sich hin zu reifen Äpfeln, reifen Birnen, die zusammen mit der Mineralik in einen langen Abgang münden.

Fazit

Der 2023-er Oestricher Doosberg Roter Riesling, trocken, des Weingutes Hanka ist ein guter Allrounder mit frischem Frucht- und Säurespiel und einer schönen Mineralik.

Kulinarische Lesung in Bad Dürkheim

Veranstaltet in Kooperation mit Michlers Weinerlebnis fand am 16. Januar 2025 eine Kulinarische Lesung in der Waldgaststätte „Die Alte Schmelz“ in Bad Dürkheim statt. Genaugenommen war es die zweite von zwei kulinarischen Lesungen. Die erste Lesung war am Tag zuvor.

Das Buch zur kulinarischen Lesung
Vorgestellt wurde der abschließende Band der Trilogie „Die Zeitungsdynastie“ der Bad Dürkheimer Autorin Katrin Tempel. Die Trilogie umfasst den Zeitraum der Jahre 1924 bis 1949. Katrin Tempel gab zunächst eine kleine Einführung in die ersten beiden Bände der Trilogie und zum historischen Hintergrund. Sie legte dar, dass es sich bei dieser Zeitungsdynastie um ein fiktives Zeitungshaus handelt. Keines der historischen Vorbilder überdauerte den gesamten beschriebenen Zeitraum von 1924 bis 1949.

Im Mittelpunkt der Handlung stehen die drei Geschwister Fritjof, Alexander und Vicky Manthey, die um die Zukunft des Zeitungsimperiums ihrer Familie kämpfen. Der erste Band „Goldene Jahre“ umfasst die Jahre 1924 bis zum Beginn des Dritten Reiches. Der zweite Band „Verlorene Heimat“ umfasst die Zeit des Nationalsozialismus. Die Geschichte des vorgestellten dritten Bandes „Neue Freiheit“ beginnt im zerbombten Berlin des Jahres 1945.

Obwohl es sich um ein fiktives Zeitungshaus handelt, sind die historischen Hintergründe detailgetreu recherchiert. Und so treffen wir im Rahmen der Nürnberger Prozesse auf einen gewissen Willy Brandt, der als Berichterstatter für eine norwegische Zeitung tätig ist und den Vicky Manthey in Nürnberg kennenlernt.

Soviel sei zum Buch gesagt. Auch den anwesenden Gästen der kulinarischen Lesung wurde nicht verraten, wie die Geschichte am Ende ausgeht. Es bleibt also spannend.

Wein und Menü zur kulinarischen Lesung
Thorsten Brand, Koch und Mitbetreiber der Waldgaststätte „Die Alte Schmelz“, zauberte ein 4-Gänge-Menue, passend zu dem zeitlichen Rahmen, in dem der dritte Band der Trilogie spielt.

Die Weine zum Menü präsentierte Dr. Steffen Michler, Inhaber von „Michlers Weinerlebnisse“. Bei der Auswahl der Weine mussten zu Gunsten der Gäste ein paar Zugeständnisse gemacht werden. Einerseits war es direkt nach dem zweiten Weltkrieg noch unüblich, dass tatsächlich Flaschenweine direkt vom Winzer vertrieben wurden. Und zum anderen hat sich die Auswahl der Weine sowie die Qualität der Weine in den letzten 80 Jahren deutlich weiterentwickelt. Wie gesagt, dies war nicht zum Nachteil der Gäste dieser kulinarischen Lesung.

Mein Fazit:
Eine sehr gelungene Veranstaltung. Man sah hier ein Team am Werk, das eine perfekt abgestimmte Präsentation von Literatur, Kulinarik und Weinkultur bot. Ein echtes Vergnügen!

Mein Wein des Monats Dezember 2024

Fast hätte ich ihn nicht kennengelernt: Meinen Wein des Monats Dezember 2024!

Meine Frau und ich waren im November im Landhaus Diedert, das von den Brüdern Oreste und Laurent Diedert geführt wird. Wir fühlen uns dort regelmäßig recht gut aufgehoben. Es hat einen sehr schönen Außenbereich, ein rustikal-gemütliches Ambiente im Innenbereich, Service und Essen sind durchweg gut. Das Landhaus Diedert macht immer wieder Themenabende. Mitte Oktober bis Ende November war es die Ente. Im Dezember ist es die Gans, im Sommer gibt es das „Sylter Garnelenfestival“.

Im November also der Entenabend. Zur Ente hatten wir uns einen schönen Spätburgunder vom Weingut Jakob Jung bestellt. Den Gutswein „Alexander Johannes“, Jahrgang 2020. Der Wein, der gebracht wurde, war Jahrgang 2022, angeblich war der 2020-er aus. Die junge Bedienung sagte dazu, dass die Weinkarte wohl angepasst werden müsste. Ein Irrtum, wie sich herausstellte. Es war zwar auch ein Gutswein vom Weingut Jakob Jung, aber nicht der „Alexander Johannes“, sondern der „Tradition“. Als wir den Irrtum bemerkten und reklamierten, bekamen wir unverzüglich den 2020-er Alexander Johannes. Wie gesagt, der Service im Landhaus Diedert ist gut. Fast hätte ich Alexander Johannes also nicht kennengelernt. Und die Weinkarte musste glücklicherweise nicht geändert werden. Der Wein passte hervorragend zur Ente, gefiel uns aber auch unabhängig davon.

Um unseren Eindruck zu überprüfen, nutzten wir einige Tage später die Adventsweinprobe des Weingutes Jakob Jung und waren immer noch sehr angetan. Für weitere Verkostungen zu Hause nahmen wir uns ein Kistchen mit.

Mein Wein des Monats ist also der 2020-er Spätburgunder Gutswein „Alexander Johannes“ des Weingutes Jakob Jung.

Wie uns der Inhaber des Weingutes Jakob Jung, Alexander Jung, erzählte, werden für diesen Gutswein lagenübergreifend die besten Trauben selektiert. Der Wein reift zwei Jahre im kleinen Eichenholzfass. Im Rahmen zweier jährlicher Proben werden jeweils etwa 25 bis 30% aussortiert. Diese Partie wird jeweils für den Gutswein „Tradition“ verwendet. Letztlich wird also nur etwa die Hälfte des Ausgangsweines dieser lagenübergreifend besten Trauben zu einem Gutswein „Alexander Johannes“. Wie wir im Rahmen der Adventsweinprobe ebenfalls erfuhren, handelt es sich bei diesen Trauben um einen kleinbeerigen Klon der Spätburgundertraube, so dass die Schale einen relativ hohen Anteil an der Maische hat im Vergleich zu großbeerigeren Varianten des Spätburgunders. Da in der Schale wesentliche Geschmacksträger enthalten sind, bekommt der Wein einen intensiveren Geschmack. Stengel und Stiel werden vorher sorgfältig entfernt, um keine unnötigen Bitterstoffe mitzunehmen.

Nun zum Genussprotokoll:

Die Farbe:
Dieser Spätburgunder hat eine kräftige (burgunder-) rote Farbe. Beim Schwenken des Glases bilden sich prächtige Kirchenfenster.

Der Duft:
Aus dem Glas dringt ein intensiver Duft von Gewürzen, wie Anis, Vanille, Zimt, etwas Pfeffer. Kräftiges Spiel von Cassis, Backpflaume, Himbeere und dunklen Süßkirschen.

Der Geschmack:
Der Geschmack ist eine Komposition aus roten Früchten, würzigen Noten, Lakritz sowie einer feinen Mineralität. Die Tannine sind sehr gut eingebunden und halten sich im Hintergrund. Der Wein kleidet den Mund angenehm aus und hat einen langen Nachklang.

Fazit: Ein Spätburgunder, der immer wieder begeistert. Ein Wein, der Geschichten erzählt – wie diejenige, wie ich ihn fast nicht kennengelernt hätte.

Wein des Monats Dezember 2024

Mein Wein des Monats November 2024

Das 5. Sparkling-Festival Anfang November diesen Jahres in Mainz beeindruckte mich in mehrerlei Hinsicht. Einerseits fand ich es toll, was Gerhild Burkard und ihr Team da auf die Beine gestellt hatten: Gerhild ruft und 80 Winzer aus 12 Ländern antworten und präsentieren ihre feinen Sekte. Und das Ganze in einem schönen kurfürstlichen Rahmen.

Interessant fand ich auf dieser Sektmesse die unterschiedlichen Sichtweisen dazu, wie reif die Trauben sein dürfen, um sie im Anschluss zu Sekt zu verarbeiten. Die einen wollen die Trauben vergleichsweise früh lesen, um daraus nicht zu alkoholbetonte und gleichzeitig sowohl spritzige als auch fruchtige Sekte herzustellen. Anderen ist es wichtig, den Trauben mehr Zeit zur Reife geben. Am Ende wird der Geschmack des Kunden entscheiden, was bei ihm besser ankommt.

Dann war da noch die „Methode Rurale“. Kannte ich bisher nicht, bin ja kein Geisenheimer. Für mich gab´s bei Sekt immer zwei Gärungen. Auf die „Methode Rurale“ stieß ich am Stand des Weingutes Motzenbäcker by Marie Menger-Krug. Da das Verfahren so grundsätzlich anders ist (nur eine Gärung, ggf. kein Degorgieren), war mein Interesse geweckt. Der nächste Wein des Monats sollte ein Sekt, hergestellt nach der „Methode Rurale“, sein.

Am 23. November 2024 besuchten wir das Weingut Motzenbäcker in Deidesheim und hatten das Glück, sogleich an einer Wein- und Sektverkostung teilnehmen zu können. Und es war direkt der erste Sekt dieser Verkostung, der mein Wein des Monats November 2024 werden sollte: Der „Royal Rosé Rurale Brut“.

Wir haben den Sekt natürlich auch noch einmal zu Hause verkostet. Manchmal erlebt man Überraschungen, wie unterschiedlich Wein oder Sekt schmeckt, je nachdem, ob man ihn im Rahmen einer anregenden Veranstaltung oder dann zu Hause genießt. In diesem Fall gab es keine Überraschungen.

Hier nun das Verkostungsprotokoll:

Die Farbe:
Der Sekt hat ein klares Lachsrosa ohne Trübung. Daran kann man erkennen, dass er degorgiert wurde. Das ist zwar bei der Methode Rurale untypisch, ist aber optisch ansprechender.

Der Duft:
Der Duft ist vielschichtig und einladend. Neben leichten Brioche-Tönen finden wir reife Erdbeeren und feine Vanillenoten.

Der Geschmack:
Aromatisch fruchtig, neben Erdbeeren schmeckt man dunkle Kirschen. Hinzu kommen kräutrige Nuancen und eine ganz zarte Ahnung von Tanninen. Die feine Perlage verleiht dem Sekt Cremigkeit, die Fruchtnoten klingen in einem langen Abgang nach.

Fazit: Für mich ein faszinierender Sekt, bin ich doch bei Rosé-Sekten sonst eher zurückhaltend. Aber dieser hat eine ursprüngliche Fülle, die mir gefällt.

Wie können Brüder so verschieden sein?

„Wie können Brüder so verschieden sein?“ Wer einen Bruder hat, kennt diesen Spruch vielleicht. Aus meiner Sicht gibt es darauf eine alles erklärende vernünftige Antwort: „Ist halt so!“ Weitergehende Erklärungen greifen meiner Meinung nach regelmäßig zu kurz.

Aber was, wenn wir nicht über Menschen, sondern über Weine sprechen – genauer gesagt, über Weine derselben Herkunft, derselben Lage und vom gleichen Winzer, die sich nur im Jahrgang unterscheiden? Hier hoffe ich, doch ein paar plausible Antworten zu finden. Schauen wir mal.

Beim Vergleich des Hochheimer Hölle Erstes Gewächs 2016 des Weingutes Dienst mit seinem großen Bruder aus dem Jahre 2010 drängte sich mir genau diese Frage auf: Warum sind die beiden so unterschiedlich? Und wie immer, wenn ich nichts Genaues weiß, frage ich gerne jemanden mit Sachverstand.

Also sprach ich Thorsten Dienst, den Inhaber des Weingutes Dienst, direkt an. Ich wollte verstehen, warum das Hochheimer Hölle Erstes Gewächs 2010 mit intensiven Honignoten und einer satten, öligen Textur daherkommt, während der 2016er mit frischen Zitrusnoten punktet.

Folgendes habe ich aus unserem Gespräch mitgenommen:

Ein Blick hinter die Unterschiede

Thorsten Dienst produziert Erste Gewächse nicht in jedem Jahr. Er muss überzeugt sein, dass der Wein besonderes Potenzial hat – 2010 und 2016 waren solche Jahrgänge. Dennoch unterscheiden sich die beiden Weine natürlich.

  • Säure und Restsüße: Der 2010er hat sowohl einen höheren Säureanteil als auch mehr Restsüße als der 2016er.
  • Verschlussart: Der 2010er wurde mit einem Korkverschluss versehen, der 2016er hingegen mit einem Schraubverschluss.
  • Reifezeit: Der 2010er hatte zum Zeitpunkt des Vergleichs bereits sechs Jahre mehr Zeit, sich auf der Flasche zu entwickeln.

Warum schmecken die Weine so unterschiedlich?

Säure und Restsüße

Säure verleiht einem Wein Struktur und Stabilität, was ihn für eine längere Lagerung geeignet macht. Sie verlangsamt oxidative Prozesse und schützt vor mikrobiellen Veränderungen. Eine höhere Restsüße bietet zusätzlich Potenzial für die Entwicklung intensiver Aromen, wie fruchtige oder honigsatte Noten, und unterstützt ebenfalls die Haltbarkeit.

Höherer Säureanteil und höhere Restsüße geben also dem 2010er sowohl die Lagerfähigkeit als auch das Potenzial für die Entwicklung dieser Honigaromen.

Korkverschluss versus Schraubverschluss

Früher galt: Ein guter Wein braucht Kork. Heute ist es längst üblich, auch hochwertige Weine mit Schraubverschluss abzufüllen. Schraubverschlüsse schließen sogar dichter als Kork. Beim 2010er hingegen ermöglichte der Korkverschluss eine minimale Sauerstoffzufuhr. Diese Mikrooxidation kann den Reifeprozess unterstützen und hat vermutlich zu den satten Honignoten beigetragen.


Und was heißt das nun?

Am Ende bleiben all diese Erklärungen zwar schlüssig, sind aber auch ein Stück weit rückblickend konstruiert. Winzer selbst sind oft überrascht, wie sich ihre Weine im Laufe der Jahre entwickeln.

Vielleicht lässt sich die Antwort auf die Frage, warum diese beiden Brüder so unterschiedlich sind, doch am besten in einem Satz zusammenfassen: „Ist halt so!“