Die Nützlichkeit des Irrtums – Sinnsprüche 13

Vorgeschichte

Sinnsprüche über die “ Nützlichkeit des Irrtums“, vulgo: „Aus Fehlern lernen“ sind ja fast schon eine eigene Klasse von Sinnsprüchen für sich.

Letzthin lief mir ein Spruch dieser Sorte über den Weg, der mich irritierte.

„Für die einen ist ein Irrtum ein Irrtum, für die anderen ist ein Irrtum eine Information.“

Ich hatte mir leider nicht notiert, wer der Autor dieses Sinnspruches war.

ChatGPT behauptete, das Zitat werde dem schweizerischen Psychiater und Begründer der analytischen Psychologie, Carl Gustav Jung, zugeschrieben.

Auf meine Rückfrage gab ChatGPT zu, dass es zu dieser Behauptung allerdings keine belastbare Quelle angeben könne. Typisch ChatGPT: Erst etwas behaupten und auf Nachfrage einen Rückzieher machen.

Und wie ging´s weiter?

Wiederum per Zufall fand ich dann eine ähnliche Aussage in Nassim Nicolas Talebs1Nassim Nicolas Taleb auf Wikipedia Zitatensammlung „Kleines Handbuch für den Umgang mit Unwissen“.

Dort las es sich so: „Für den Antifragilen ist ein Irrtum eine Information, für den Fragilen ist ein Irrtum ein Irrtum.“

Okay, das macht es jetzt nicht weniger irritierend.

Wieso zieht nach Nassim Nicolas Talebs Meinung der Antifragile mehr aus einem Irrtum als der Fragile? Und sollte ich hier an dieser Stelle nicht zunächst mal klären, was antifragil bedeutet? Fragen über Fragen…

Kurzer Exkurs zu Fragilität, Robustheit und Antifragilität:

  • Fragil bedeutet: zerbrechlich,
  • Robust bedeutet: widerstandsfähig (bis zu einem gewissen Grad),
  • Wenn etwas antifragil ist, so bedeutet dies: Etwas profitiert von Erschütterungen (bis zu einem gewissen Grad).

Talebs zentrale Idee ist, dass Systeme, die antifragil sind, nicht nur Rückschläge überstehen, sondern durch sie lernen, wachsen und stärker werden. Und genau hier beginnt die eigentliche Nützlichkeit des Irrtums.

Und nun?

Aber ich schweife etwas ab. Warum hat mich der eingangs zitierte Spruch überhaupt irritiert?

„Für die einen ist ein Irrtum ein Irrtum, für die anderen ist ein Irrtum eine Information.“

Nun, wenn ich einen Irrtum als Irrtum erkenne, erkenne ich doch den Irrtum. Es ist also in jedem Falle Information für mich.

Ja, ist natürlich richtig. Aber statt mich an dieser Tautologie festzubeißen, könnte ich ruhig etwas weiter springen. Gemeint ist doch, dass man aus dem Irrtum Lehren zieht. Das ist die Nützlichkeit des Irrtums.

Es ist nun mal ein Riesenunterschied, ob man bloß gemerkt hat, dass man sich irrt oder ob man versteht, worin genau der Irrtum lag. Und wenn man dann noch erkennt, welche Möglichkeiten sich daraus ergeben, dann sind genau das die Informationen, die so ein Irrtum bereit hält.

Darauf zielt dieser Sinnspruch: Der Irrtum wird nicht als bloßes Scheitern verstanden, sondern als Signal, als Schatzkarte, die neue Wege weist.

Hierin liegt die Nützlichkeit des Irrtums. Hier liegt der wahre Schatz.

Glückwünsche

In diesem Sinne beglückwünsche ich jeden zu seinen erkannten Irrtümern und wünsche viel Erfolg bei der Schatzsuche.

Herzlichst, Ihr

Rolf Koch

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